Sturmhöhe • Emily Brontë

Dieses Buch hat mich von seiner kurzen Inhaltsbeschreibung sofort angesprochen und war ein Spontankauf (das heißt bei mir zwischen Entdecken eines Buches und Kauf vergeht weniger als eine Woche). Das Thema Rache finde ich seit dem Grafen von Monte Christo sehr spannend, vermischt mit einer Liebesgeschichte also sehr vielversprechend.

Zentrale Figur des Romans ist Heathcliff, der als Findelkind von Mr. Earnshaw in London aufgegriffen wurde und den er zusammen mit seinen Kindern großzieht. Zwischen Catherine, einer Tochter von Mr. Earnshaw und Heathcliff entsteht eine tiefe Zuneigung. Doch es kommt dazu, dass Heathcliff sehr enttäuscht wird und er übt an zwei Familien Rache.

Was an diesem Roman bemerkenswert ist, dass ist diese enge Verbindung zwischen der stürmischen und rauen Natur und Witterung im Hochmoor von Yorkshire und den Charakteren der Geschichte. Heathcliffs und Cathys Liebe zu dieser windgepeitschten Anhöhe Wuthering Heights, aber auch das Wesen dieser Charakter spiegeln diese ungestüme und ursprüngliche, diese ungebändigte Naturgewalt wider. Dabei zeichnet Brontë ein sehr düsteres und karges Bild von einem Leben mit langen Wintern und mit einer beständig zwielichtigen Stimmung, die auch der ganzen Geschichte etwas sehr Düsteres verleiht.

Was der Geschichte aber eine so schwermütige  Stimmung verleiht ist nicht die Natur alleine, sondern die Art und Weise, wie die Protagonisten miteinander umgehen. Der Bruder der Familie Earnshaw behandeln Heathcliff extrem grob und genau dieses Verhalten bringt Heathcliff im späteren Verlauf auch allen anderen Charakteren entgegen. Die Skrupellosigkeit mit der alle Charaktere, allen voran Cathy, ihre eigenen Ziele verfolgen ist erschreckend. Die Unausgeglichenheit aller ist deutlich spürbar und gibt dem Roman eine Unruhe und schafft auf eine eigentümliche Weise eine Distanz zu den sonst zum Teil durchaus nachvollziehbaren Verhaltensweisen.

Besonders spannend finde ich die Tatsache, dass die Geschichte viele Interpretationen zulässt. Man könnte vom absoluten Bösen, vom Teufel, vom Egoismus der Liebe, von Egozentrik sprechen. Darin läge sicher ein wahrer Kern, aber was wäre nur eine Fassette dieser Geschichte. Gleichermaßen könnte man einen entwicklungspsychologischen Ursprung annehmen und Heathcliffs Vergangenheit, aber auch das soziale Umfeld als Kern dieser Charakterbildung zur Verantwortung ziehen. Auch das Ursprüngliche, etwas „tierartiges“ im Menschen tritt hier deutlich zu Tage. Wie man es dreht und wendet, die Geschichte lässt viel Raum, um sich zu den einzelnen Personen Gedanken zu machen. Zumindest habe ich mich dabei ertappt, wie ich noch Wochen nach dieser Lektüre über die Protagonisten nachgedacht habe.

Sprachlich fand ich den Roman sehr angenehm zu lesen. Man hat nicht das Gefühl einen Klassiker in der Hand zu haben und die beiden Erzählebenen (Ich Perspektive von Lockwood und Ich Perspektive von Ellen Dean, der Haushälterin) schaffen eine Nähe, die einen sehr intimen Blick auf das Geschehen erlauben, aber dennoch eine gewisse Distanz schaffen.

Fazit: Diese Geschichte werde ich wohl so schnell nicht vergessen, denn ihre düstere Stimmung hat sehr stark auf mich gewirkt und zusammen mit der authentischen Darstellung der Natur von Wuthering Heights und den Menschen die ein Teil dieser Natur sind, hat sich ein sehr deutliches Bild ergeben. Gleichzeitig hat das Buch aber nach jeder Lektüre eine eher depressive Stimmung bei mir hinterlassen. Sprachlich finde ich zudem lange und verschachtelte Sätze sehr schön, wie sie beispielsweise Dumas, Tolstoi oder Flaubert so wunderbar beherrschen. Daher gibt es nur vier von fünf Sternen, wobei das eine persönliche Präferenz von mir ist und den Wert dieses herausragenden Buches nicht schmälern soll.

Eine gute Rezension ist übrigens auf Maikes und Mareikes Blog zu finden.

Buchinformation: Sturmhöhe • Emily Brontë • dtv • 464 Seiten • ISBN 9783423123488

12 Kommentare

  1. Ich muss ja gestehen, dass ich um dieses Buch immer einen Bogen gemacht habe. Da es ja in der Biss-Reihe erwähnt wird und danach von den ganzen Biss-Fans verschlungen wurde, dachte ich, mich würde bei „Sturmhöhe“ ebenfalls eine vor Kitsch triefende Story erwarten (ja, ich gehöre zu der kleinen Fraktion, die mit Stephenie Meyers Büchern nichts anfangen können – ich hoffe, man steinigt mich jetzt nicht virtuell 😉 ). Deine Rezension hat mir das Gegenteil bewiesen und mich nun doch neugierig gemacht. Danke dafür!

    1. Die Biss Bücher habe ich nicht gelesen, nur die Filme gesehen. Von Sturmhöhe wurde da nichts erwähnt, was naheliegend ist, da Filme ja nie alles aus einem Buch enthalten. Aber es wundert mich nicht, dass in den Biss Bücher ein Bezug zu Sturmhöhe hergestellt wird, immerhin passt diese düstere Stimmung sehr gut. Mit Biss ist das Buch aber gar nicht zu vergleichen und mit Sturmhöhe bekommt man sicher keinen Liebesroman oder irgendwie Romantik präsentiert, eigentlich das Gegenteil, auch wenn Liebe selbst ein Thema ist. Den Vampirbuchtsunami habe ich bisher auch unbeschadet überstanden, die Bücher haben es weder in den SuB, noch auf meine Wunschliste geschafft.

      Liebe Grüße
      Tobi

  2. Vielen Dank für deine Erwähnung 🙂
    Maike ist da vermutlich der bessere Ansprechpartner als ich. Ich habe mich sehr, gequält mit dem Buch… die verschiedenen Erzählebenen, der doch etwas gewöhnungsbedürftige Stil und die sehr „wilden“ Charaktere sind nicht so meine Welt. Ich lese dann lieber nochmal „Jane Eyre“ und genieße Janes ruhiges Wesen. 😉
    Liebe Grüße
    Mareike

  3. Sturmhöhe ist einer meiner absoluten Lieblingsklassiker aus dem Englischen. Die Art wie Emily Bronte ihre Charaktere zeichnet und die Natur ist einfach einzigartig und hinterlässt beim Lesen eine so starke Wirkung! Diese raue, düstere Atmosphäre hat mich total in ihren Bann gezogen. Aber ich bin zugegebenermaßen auch ein großer Fan von den englisches Gothic Novels 🙂

    LG Cat

    1. Liebe Cat,

      da hast du recht, die Charaktere in Verbindung mit der Natur sind schon hervorragend herausgearbeitet. Wobei diese düstere Atmosphäre nicht so mein Ding ist, daher war es wohl eher ein Ausflug in dieses Subgenre. Wobei ich es nicht bereue das Buch gelesen zu haben.

      Liebe Grüße
      Tobi

  4. Eine Rezension die Lust auf das Buch macht, keine Frage. Zur Zeit lese ich (unter anderem) Jane Eyre von Emily’s Schwester Charlotte (was muss das für eine Familie gewesen sein!) und finde es großartig. Allgemein bin ich ein Freund von Klassikern, vor allem aus dieser Epoche. „Sturmhöhe“ ist mit Sicherheit bei meiner nächsten Bestellung dabei.

    1. Mit der Rezension die Lust auf das Buch zu wecken ist das beste Urteil, das man mir geben kann, vielen Dank dafür. Jane Eyre liegt recht weit oben auf meinem Bücherstapel. An dem Buch kommt man irgendwie nicht vorbei, wenn man sich durch Klassiker stöbert. Bei so bekannter Literatur aus dem 19. Jahrhundert kann man echt nicht viel falsch machen. Mir haben es ja die französischen Autoren aus der Zeit am meisten angetan. Ich bin mir sicher: Du wirst es nicht bereuen dieses Buch hier gelesen zu haben!

      Liebe Grüße
      Tobi

  5. Ich hab das Buch letzten Sommer gelesen und fand es wirklich richtig gut. Deine Rezension gefällt mir sehr. Die Charaktere sind – vor allem vor dem Hintergrund der unwirtlichen Landschaft – sehr düster und die Beziehungen zueinander zerstörerisch. Ich war zum Schluss recht zwiegespalten, weil ich nicht mehr wusste, ob mir das gefällt oder ob ich es einfach nur total grausam finde.

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