Schottland • Dmitrij Leltschuk und Sirio Magnabosco

Nachdem ich bereits zwei Bildbände des Mare Verlags mein Eigen nenne und auch schon hier rezensiert habe, ist es natürlich naheliegend, dass ich die Serie im Auge behalte. Ich liebe die nordischen Länder und Schottland ist sehr weit oben auf der Urlaubswunschliste. Ein Bildband, der schon mit so einem Cover lockt ist eine nähere Betrachtung wert und wer diesen Beitrag schon überflogen hat, der wird feststellen, dass die Fotografien darin ebenfalls einen genaueren Blick wert sind.

Für diesen Bildband hat Mare zwei Fotografen in das stark vom Meer geprägte Schottland geschickt. Wie schon beim Bildband zu Island wird auch in diesem sowohl das Land mit seinen einmaligen Kulissen, Fjorden, Inseln, Burgen, dem Hochland und dem immer gegenwärtigen Meer, aber auch dessen Menschen, mit all ihren rauen und etwas abweisend wirkenden Ausstrahlung porträtiert. Eine Mischung, die einen Eindruck von dem Land in seiner Gesamtheit gibt und sich nicht auf geschönte Landschaftsbilder oder urlaubsstimmungsfördernde Photoshopfotos beschränkt.

Dmitrij Leltschuk geboren in Minsk hat sich dabei auf die Menschen fokussiert, während der in Verona geborene Sirio Magnabosco sich der einmaligen Landschaft widmet. Beide sind renommierte Fotografen, die für bekannte Magazine wie Geo, Spiegel, arte oder der New York Times und Vanity Fair gearbeitet haben. Entsprechend hoch ist auch die Qualität die hier geboten wird. Sie haben mehrmals viele Wochen in Schottland verbracht und keine Mühen gescheut, um ein Gefühl für Schottland in Fotos einzufangen.

Das Buch beginnt mit einem kurzen Vorwort von Nikolaus Gelpke, dem Herausgeber und einem etwas längerem Vorwort von Katja Scholtz, der Programmleiterin vom Mare Verlag. Darin stellt gibt sie einen kurzen Abriss zu der Identität der schottischen Kultur, die sich einige Zeit einer Repression gegenüber sah und zuletzt wieder einen Aufschwung erlebt hat. Einerseits ist dieses Vorwort eine schöne Einstimmung, kommt aber nicht an die spannenden Hintergrundinformationen, wie sie beispielsweise in Antarktische Wildnis: Südgeorgien gegeben wird ran.

Mit folgenden Bild beginnt schließlich der Bildband und ich muss sagen, das ist auch eines der Schönsten. Typisch nordisch, ein Panorama wie es auch Island bietet. Es ist einfach nur ein Genus solche Szenen zu betrachten. Starke Kontraste, etwas reduzierte Farben und ein weiter Blick in eine scheinbar karge, aber doch vielseitige Ferne.

Seite 5: © Sirio Magnabosco
 Seite 5: Auf dem Weg zu der Gebirgslandschaft Cuillins auf der Isle of Skye. Der höchste Berg des Gebirges ist der Sgúrr Alasdair mit 992 Metern. © Sirio Magnabosco

Wer mich kennt, der weiß dass ich sehr gerne Landschaften fotografiere und sehr selten Menschen oder gar Reportagen anfertige und in die Richtung geht auch mein Geschmack beim Betrachten von Bildbänden. Daher konnte Sirio Magnabosco mich mit seinen Fotografien sehr begeistern. Man sieht sofort, dass er sich Zeit genommen hat, die Landschaft ausgelotet und sich die Ecken genau betrachtet hat, bevor er zur Kamera gegriffen hat. Seine Bilder sind klar, rücken sein Motiv unverstellt in den Mittelpunkt und wecken die Sehnsucht nach diesem kargen aber schönen Land.

Es wird auch deutlich, dass Schottland dann schön ist, wenn die Sonne nicht scheint, sondern der Himmel wolkenverhangen ist, das Wetter kühl oder es gar Winter ist. Die Spuren der Gletscher der Eiszeit zeichnen sich nicht nur an den Fjorden, sondern an der ganzen Vegetation ab und ich mag die von Felsen durchsetzten Wiesen, die da vor der Küste liegen, leblos und weit, aber doch irgendwie einladend. Die Stille dieser Orte wird spürbar. Eine einmalige Stille, die man so nur im Norden findet, lediglich durchbrochen von dem Krächzen der Vögel und dem beständigen Wind vom Meer.

Eines der schönsten Fotos von Magnabosco ist ein kleines Dorf in Aberdeenshire, direkt an der Küste. Ich musste dabei sofort an Der grüne Blitz von Jules Verne denken und wie Helene dort die Hebriden unsicher gemacht hat. Genau so hab ich mir die kleinen Orte vorgestellt. Auffallend ist auch, dass viele der wunderschönen Landschaftsfotos auf der Isle of Skye aufgenommen wurden, das bei einem Schottlandurlaub definitiv nicht fehlen wird.

Seite 19: © Sirio Magnabosco
 Seite 19: Kilchurn Castle an einem nebligen Morgen. Das im 15. und 17. Jahrhunder erbaute Schloss liegt auf einer felsigen Halbinsel am nordöstlichen Ende des Lcoh Awe. © Sirio Magnabosco

Der Fotograf Dmitrij Leltschuk portraitiert die Menschen Schottlands, deren Leben sehr stark mit dem Meer verbunden ist. So ist die Fischerei eines der großen Wirtschaftszweige dieser Region, aber allgemein das Thema Schifffahrt ist immer wieder zu finden. Man nimmt die Menschen als raue Gesellen wahr. Das Wesen der Fischer, Werftarbeiter, Handwerker oder auch Schäfer, in wetterfester Kleidung, immer in ihrem natürlichen Umfeld fotografiert, wird auf Leltschuks Fotos sehr gut transportiert. Manchmal erreicht mich die Message seiner Bilder aber nicht und ich ertappe mich dabei, wie ich solche Fotos schnell überblättere. So hat er ein Paar, das weit abseits einer Siedlung lebt abgelichtet, die ein seltsames Bild abgeben und irgendwie nicht in diesen Bildband passen. Andere wiederum sind auf ganz eigene Art faszinierend. Beispielsweise ein Bild mit einem Mann in einem Dorf am Hafen, im Hintergrund das Meer und sonst menschenleer. Wer einmal an einem Sonntag in einem einsamen, kleinen Dorf weit im Norden war, der kennt diese Stimmung, die irgendwie drückend, gleichzeitig aber auch beschaulich und beruhigend ist. Oder das Bild von einem Arbeiter in einer Räucherei, das ein ganz einfachen und altmodischen Eindruck macht, wie aus einer anderen Zeit. Auf jeden Fall hat Leltschuk einige echte schottische Originale entdeckt und eindrucksvoll in Szene gesetzt.

Seite 48: © Dmitrij Leltschuk
 Seite 48: Der Hirte Alie Duneen MacLoud durfte erst nach Beantwortung einer Frage fotografiert werden: „Sind Sie mit Ihrer Frau, Ihrem Kind und Ihren Schuhen zufrieden?“© Dmitrij Leltschuk

Die Seiten des Bildbands haben keine Beschriftung, so können die Fotos erst einmal wirken, ohne dass das Auge von etwas abgelenkt wird. Im Anhang sind dann die Bildunterschriften zu finden. Während die Landschaftsfotos für sich stehen, haben für mich viele Fotos von Leltschuk erst mit der Bildunterschrift einen Sinn ergeben.

Auffallend fand ich bei den Fotografien auch den Einsatz von HDR, also einem etwas höheren Dynamikumfang, der mir bei den anderen Bildbänden nicht so aufgefallen ist. Natürlich sind das keine HDR Fotos, wie man sie aus dem Internet kennt, wo total übertrieben wird. Ein Effekt, der mir eigentlich nicht gefällt. Hier wurde der Dynamikumfang aber nur dezent erhöht, was sehr gut wirkt und schön zu anzusehen ist, mir aber trotzdem in der Summe zu deutlich sichtbar war.

Was die Aufmachung des Bildbandes angeht, so präsentiert er sich in der gewohnt hochwertigen Qualität der gesamten Reihe und liegt gleich auf mit den anderen Bildbänden. Die Druckqualität ist durchgängig gut und das gesamte Buch sehr stimmig. Das Vorsatzpapier greift farblich beispielsweise das Cover und den schönen Leineneinband wieder auf. Details, die vielleicht unwesentlich sind, die ich aber doch unbewusst wahrnehme und sehr schätze.

Schottland von Dmitrij Leltschuk und Sirio Magnabosco

Die Bindung und der Leineneinband sind in der gleichen hochwertigen Sorgfalt verarbeitet, wie auch bei den beiden anderen Bildbänden von Mare, die ich bereits rezensiert habe. Den Bildband kann man also getrost öfters durchblättern, ohne befürchten zu müssen, dass hier etwas darunter leidet.

Schottland von Dmitrij Leltschuk und Sirio Magnabosco

Fazit: Erneut legt der Mare Verlag hier einen sehr schönen, hochwertigen und professionellen Bildband von einem der schönen, nordischen Regionen vor. Die Landschaftsbilder beeindrucken durchgängig, transportieren eine ganz besondere Stimmung und sind ein Vergnügen zum betrachten. Die Reportagefotos von den Menschen sind eindrucksvoll, konnten mich aber nicht durchgängig begeistern. Mein Herz schlägt einfach für die Landschaftsfotografie. Der Bildband erzeugt aber als Gesamtkomposition ein deutliches Profil von diesem rauen und ursprünglichen Land. Fotografien zum träumen mit Fernwehgarantie.

Buchinformation: Schottland • Dmitrij Leltschuk und Sirio Magnabosco • Mare Verlag • 144 Seiten • ISBN 9783866482401

7 Kommentare

    1. Liebe Anette,

      Schottland muss ja wirklich echt schön sein. Wenn dann würde ich Schottland mit einem Mietwagen auf eigene Faust erkunden wollen. Allerdings haben die Linksverkehr, das hat Schottland immer in bisschen nach unten gepushed auf der Urlaubszielwunschliste 😉

      Liebe Grüße
      Tobi

  1. Ein wunderschöner Band! Gestern auf der Buchmesse habe ich reinblättern können. Ich habe mir für Dezember schon mal das „Salz der Erde“ von Mikel Landa und Luke Duggleby vorgemerkt. Dazu gab es vom Mare Verlag eine Leseprobe zum Mitnehmen. Vielleicht auch etwas für dich?
    Liebe Grüße, Petra

    1. Liebe Petra,

      „Salz der Erde“ ist auch schon vorbestellt. Ich hatte zwar noch nicht die Gelegenheit darin zu blättern, aber alleine das Thema und der Rahmen, in dem dieses Buch erscheint haben es für mich zur absoluten Pflichtlektüre gemacht. Danke auf jeden Fall für den Tipp, aber beim Mare Programm bin ich einfach zu gut informiert 😉

      Liebe Grüße und weiterhin viel Spaß auf der Messe
      Tobi

  2. Hallo Tobi,
    danke für den schönen Lese-Tipp. Ich liebe Schottland und reise auch immer wieder gern hin. Das Buch fehlt noch in meiner Sammlung.
    Ich wünsch dir eine Schöne Woche und da ich dich abonniert habe, werden wir bestimmt in Zukunft öfter voneinander lesen.
    Herzliche Grüße
    Catherine

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