Die Zukunft des Mars • Georg Klein

In letzter Zeit habe ich verstärkt Ausschau nach schönen Büchern gehalten. Natürlich ist nun ein schmuckes Äußeres nicht ausschlaggebend, was bringt es einen schon etwas zu lesen, auf das man keine Lust hat, nur weil das Buch schick ist. An der Stelle will ich euch die Angst nehmen: Ich werde hier künftig nicht anfangen euch schicke Buchcovers vorzustellen, es geht mir schon vorrangig um das, was man da zwischen den Buchdeckeln vorfindet. Die hohe Buchkunst schätze ich aber trotzdem und ein sorgsam gestaltetes Buch in Händen zu halten hat einfach etwas für sich. Wenn dann noch ein ansprechender Inhalt dazu kommt, oder es sich gar um einen hervorragenden Klassiker handelt, dann gibt es bei mir kein Halten mehr.

Auf Die Zukunft des Mars bin ich auf der Seite der Stiftung Buchkunst gestoßen. Dort wurden für das Jahr 2014 und 2015 Bücher ausgezeichnet, die durch eine herausragende Gestaltung überzeugen konnten. Und tatsächlich ist dieses Buch ein sehr schönes Exemplar und nachdem der Inhalt mich sehr neugierig gemacht hat, musste ich es einfach sofort haben. Es ist schwer Bücher zu finden, die außergewöhnlich schön sind und dazu noch eine spannende Geschichte beherbergen. Warum mich hier die Aufmachung so überzeugt hat, zeigen euch die Fotos ganz gut, die ich von diesem hübschen Buch gemacht habe.

Die Zukunft des Mars von Georg Klein

Sehr schön finde ich die Farbgebung des Buches, die aus einer festen Palette besteht und das kontrastreiche Orange und das dunkle Grün des Buchdeckels und Buchrückens auch im Inneren des Buches wieder aufgreift. Auf dem Cover befindet sich eine Skizze die Elussa und ihre Tochter darstellen soll. Auch der gebogen formatierte und leicht in das Cover geprägte Titel wird im Inneren des Buches durch seine radiale Anordnung aufgegriffen.

Die Zukunft des Mars von Georg Klein

Die Schriftart und die Farben spiegeln dabei auch sehr schön den Inhalt wider. Denn die Geschichte spielt in einer fiktiven Zukunft, die seltsam rückständig ist und einen Schatten auf eine moderne Vergangenheit wirft. Die Überschriften, die orange Färbung des Vorderschnitts haben etwas modernes, die Schriftart des Textes, das Grün und die Skizze von Anke Feuchtenberger auf dem Cover reflektieren eine irgendwie einfache und ärmliche Gegenwart. Die Farbe Orange und Grün bekommen aber auch in der Geschichte selbst noch eine Bedeutung.

Aber nicht nur auf die Gestaltung des Buches hat der Inhalt eine Auswirkung, sondern auch einige leere Seiten am Ende greifen ein Element aus der Geschichte auf. Die Aufzeichnungen des Protagonisten werden auf Leerseiten am Ende eines Buches geschrieben und so lässt auch dieses hier Raum dafür. Ein kreatives Detail das mir sehr gut gefällt.

Die Zukunft des Mars von Georg Klein

Ich hatte eigentlich etwas in Richtung Science Fiction erwartet, als ich den Klappentext gelesen habe. Eingetaucht bin ich dann aber in eine Dystopie, die mich besonders am Anfang ein bisschen an 1984 von Orwell oder Schöne neue Welt von Huxley erinnert hat. Die Geschichte beginnt mit Aufzeichnungen von einem der Bewohner des Mars, der verschiedene Szenen aus dem Leben der Kolonie beschreibt. Ähnlich wie bei Orwell sieht der Leser die Welt den begrenzten Blick eines Menschen dieses Umfelds und taucht in eine fremde Kultur ein. Entsprechend weitet sich das Verständnis für diese Kolonie, deren Lebensweise und sozialen Strukturen erst nach und nach.

Im zweiten Kapitel wechselt die Perspektive auf Elussa und ihre Tochter Alide, die auf der Erde in der Stadt Germania leben. Zwar gibt es auch dort eine neuartige gesellschaftlich und politisch von Patriarchen geführte Strukturen, die ganze Welt hat hier aber einen postapokalyptischen und ärmlichen Anstrich. Auch hier ist der Blick auf Elussa und einige Nebenfiguren begrenzt und es wird schnell klar, dass die Erde ziemlich rückständig ist. Allerdings wirkt das ganze Setting nur begrenzt bedrohlich oder in irgendeiner Form extrem. Nachdem die Handlung auf der Erde zur Weihnachtszeit spielt und der zentraler Ort, das „Elektronische Hospital“, eigentlich einen recht altmodischen und gemütlichen Eindruck erweckt, so hat das alles doch irgendwie etwas Provinzielles, wenn nicht sogar ein wenig Romantisches.

Der Erzählstil ist an vielen Stellen seltsam verwinkelt. Klein springt in der Zeit und zwischen Perspektiven hin und her, beleuchtet eine Situation von mehreren Seiten, bis er es endlich auf den Punkt bringt. Mir kam das an einigen Stellen umständlich und auch etwas langatmig vor. Es gibt auch keine nennenswerte Spannungskurve, sondern die Geschichte geht recht konstant dahin. Gelangweilt hat es mich allerdings an keiner Stelle und man stellt sich als Leser permanent die Frage, wohin das alles führt, wie diese einzelnen Stränge zusammenfinden und wie diese vielen kleinen Fragmente, die er erzählt und andeutet, zusammen gehören.

Die Zukunft des Mars von Georg Klein

Das Buch hat eine ganz eigene Stimmung, die auf mich irgendwie gedämpft, ein wenig bedrückend, aber gleichzeitig auch entspannt gewirkt hat. Ein ganz eigenartiger Mix, was schwer mit Worten zu umfassen ist. So unwirtlich diese Welt ist, so sehr sie mit Krieg und dem Nachhall einer Apokalypse durchsetzt ist, so versöhnlich sind viele kleine Geschehnisse und Situationen. Für mich ergibt sich hier eine Geschichte in einer ganz eigenen Welt, die einen Blick in eine fiktive Zukunft wagt, diese aber weder vollständig erzählt noch ein detailliertes Bild davon ergibt. Auch einen Sinn kann ich in dem Buch nicht finden oder zumindest drängt er sich nicht auf. Einige Personen erscheinen mir auch unnötig und geben vielleicht einen Einblick in die Kultur der zwei Gesellschaften, aber sie sind keine tragende oder gar notwendige Pfeiler für die Erzählung.

Fazit: Dieses optisch wunderschöne Buch ist ein Meisterwerk der Buchkunst. Gestaltung, Farbe, Schriftart und Covergestaltung harmonieren mit dem Inhalt und spiegeln ihn auf kunstvolle Art und Weise wieder. Inhaltlich wird hier eine angenehm zu lesende Dystopie geboten, die mit einer ganz eigenen Stimmung aufwartet, die irgendwie postapokalyptisch, gemütlich, unwirtlich, bedrohlich und versöhnlich ist. Kleins Erzählstil ist verwinkelt, langsam und erzeugt aus einer an den Charakteren ausgerichteten Perspektive eine unwahrscheinliche, aber schlüssige Zukunftsvision. Die Zukunft des Mars ist sicherlich eines der ungewöhnlichsten Bücher, die ich dieses Jahr gelesen habe. Auch wenn ein Sinn und rasante Spannungskurven fehlen ist das Buch eine unterhaltsame Lektüre, die für die entspannte Winterzeit ganz gut geeignet ist.

Buchinformation: Die Zukunft des Mars • Georg Klein • Rowohlt • 384 Seiten • ISBN 9783498035341

9 Kommentare

  1. Endlich einmal eine Besprechung zu diesem Buch! Vielen Dank!

    Ich bin letztes oder vorletztes Jahr – ebenfalls durch die einzigartige Optik – auf das Buch neugierig geworden. Der Klappentext sagte mir auch zu, aber beim Anlesen hat es mich noch nicht genug gebannt, um es zu kaufen. Seither warte ich auf eine Besprechung des Buches von einem Blogger, dessen Empfehlungen ich mehr oder weniger blind vertrauen kann. Dank dir habe ich nun endlich ein genaueres Bild vom Buch bekommen und festgestellt, dass „Die Zukunft des Mars“ zwar ganz anders ist, als ich dachte (ich rechnete wie du mit SciFi), aber dennoch sehr außergewöhnlich und interessant zu sein scheint. Damit kommt der Titel nun endgültig auf die Wunschliste.

    1. Liebe Kathrin,

      du hast ja auch ein Faible für so schöne Bücher, was man deinem Blog auch sofort ansieht. Du solltest echt einmal einen Beitrag über deine schönsten Bücher machen, das würde mich echt interessieren. Glaub in deinem Schrank stehen auch so einige kleine Kunstwerke.

      Was mir an „Die Zukunft des Mars“ so gut gefällt, ist die Stimmigkeit zwischen Aufmachung und dem Inhalt des Buches. Die Story selbst ist nun nicht der Oberknaller, aber als Gesamtpaket fand ich das Buch durchaus überzeugend und eben ein wenig unkonventionell. Ich bin gespannt, was du dazu sagst. Also zögere nicht und rezensiere das gute Stück 😉

      Liebe Grüße
      Tobi

  2. Ja, das Buch ist wirklich wunderschön und gehörte auch zu den besseren SF-Werken in 2013. Leider endete es genau an dem Punkt, wo man als SF-Leser das eigentlich Interessante erwartete.
    Aber die Stimmung, besonders in der Mars-Handlungsebene, gefiel mir sehr gut.

    1. Eigentlich ist SF ja gar nicht mein Genre. Bei dem Klappentext des Buches hat sich das aber nicht so wie ein klassischer SF Roman angehört und das ist er ja auch nicht. Die Story wäre sicher noch ausbaufähig gewesen und man hätte da noch eine umfangreiche Handlung und Story anhängen können. Aber dass genau das nicht passiert, bestätigt den doch eigenwilligen Charakter dieses Buches.

      Liebe Grüße
      Tobi

  3. Hallo Tobi! 🙂

    Ich muss gestehen, dass ich gerade zum ersten Mal von diesem Buch lese – was die Gestaltung betrifft, kann ich anhand deiner Fotografien nur allzu gut deine Begeisterung nachvollziehen. Inhaltlich klingt der Roman aber auch unglaublich interessant, weshalb ich gerade richtig froh bin, über deine Rezension gestolpert zu sein. Ich werde mir das Buch mal näher ansehen – als du Orwell und Huxley erwähnt hast, war’s um mich geschehen. 🙂

    Schönen Abend und liebe Grüße,
    Nana

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