Topliste der deutschen Buchverlage: Wie erfolgreich sind die Publikumsverlage?

Schon länger spiele ich mit dem Gedanken einen genaueren Blick auf die Onlineaktivitäten der Verlage zu werfen. Ich habe mich gefragt, welche Verlage online die populärsten und erfolgreichsten sind. Man liest immer wieder, wie wichtig Social Media und das Netz für das Marketing der Verlage ist. Bookstagram ist schon länger ein Schlagwort, es gibt BookTok Bestsellerlisten und vor einigen Jahren waren Buchblogs im Fokus der Öffentlichkeitsarbeit von Verlagen. Doch wie erfolgreich sind die Verlage mit ihren Online-Marketingaktivitäten? Ich habe die verschiedenen Listen aller deutschen Buchverlage im Netz zusammengeführt und eine Topliste der deutschen Buchverlage erstellt. Eines der Ergebnisse hat mich dabei sehr überrascht.
Wenn man in der Literaturwelt so mitliest, dann gibt es da regelmäßig neue Trends, welche die Verlage für ihre Marketingaktivitäten nutzen. Vor zehn Jahren waren das Buchblogs, die plötzlich in den Fokus gerückt sind. Buchblogger wurden mit kostenlosen Buchexemplaren versorgt, zu Verlagsevents eingeladen, es wurden Bloggerevents ausgerichtet, auf Messen wurden Blogger eingeladen und Kontakte geknüpft. Der Hype hat sich dann irgendwann in Richtung Instagram verschoben. Seit einigen Jahren ist die Plattform TikTok die neue Anlaufstelle für Verlage, um ihre Bücher anzupreisen. Große Publikumsverlage, die sich mit ihrem Programm auch an jüngere Leser richten, kommen daran eigentlich nicht mehr vorbei.
Manche Verlage nutzen Social Media sehr intensiv und lassen sich das vermutlich auch viel kosten, denn all die Kanäle müssen auch mit interessanten Inhalten bespielt werden. Andere Verlage hingegen scheinen sich mehr auf ihre klassischen Verkaufskanäle zu verlassen. Die Frage für mich ist, welche Verlage online am sichtbarsten und aktivsten sind. Wie steht es grundsätzlich um die Präsenz deutscher Verlage im Onlinebereich? Um das alles zu sortieren, habe ich eine Liste erstellt, die genau das zusammenfassen und einen Einblick geben soll.
Berechnung der Topliste
Um die Sichtbarkeit im Onlinebereich zu bewerten und einem Verlag ein Ranking in meiner Topliste zu geben, habe ich mehrere Metriken herangezogen:
- PageRank: Um die Sichtbarkeit der Webseite des Verlages zu ermitteln, ziehe ich den OpenPageRank heran. Dieser numerische PageRank-Wert, zwischen 0 und 10, gibt die relative Bedeutung einer Domain im Web an.
- Instagram-Follower: Diese simple Zahl gibt an, wie populär und etabliert ein Verlag auf Instagram ist.
- TikTok-Follower: Analog die Follower, die ein Verlag auf TikTok hat. Immerhin ist TikTok der neueste Trend was Online-Marketing für Verlage angeht.
- Buchblogs: Dieser Wert gibt an, wie viele Blogs auf einen Verlag oder seine Imprints bzw. Tochterverlage verweisen bzw. darüber schreiben.
Daraus ermittle ich einen einzelnen Score, nach dem die Topliste dann sortiert wird. Diesen errechne ich aus diesen vier Metriken. Ich nehme die einzelnen Metriken (wobei ich TikTok Follower mit dem Faktor 1,5 höher bewerte), normiere sie zwischen 0 und 1 und verrechne sie dann. Wobei der Pagerank und die Follower mit jeweils 40% und die Anzahl der Buchblogs mit 20% in die Gesamtsumme eingehen.
Dieser einzelne Score umfasst ganz gut, wie sichtbar ein Verlag ist. Mit dem Pagerank ist die Sichtbarkeit über Suchmaschinen und im Netz abgebildet, mit Instagram und TikTok die Präsenz auf Social Media und mit den Buchblogs gibt es einen Wert der die Popularität irgendwo zwischen dem klassischen Web und Social Media abbildet. Das Ergebnis könnt ihr euch auf der Topliste der deutschen Buchverlage anschauen.
Die Übersichtsliste umfasst nur den Score Wert. Wer einen detaillierten Einblick haben möchte, der kann sich die erweiterte Topliste hier anschauen: Erweiterte Topliste der deutschen Buchverlage.
Bewertung der Ergebnisse
Es ist ganz klar und wenig überraschend, dass die großen Verlagshäuser und Verlagsgruppen die Liste anführen. Über die letzten Jahrzehnte gab es eine starke Konsolidierung und viele Verlage wurden von großen Gruppen aufgekauft. Das führte dann oft auch dazu, dass die eigenen Webseiten der aufgekauften Verlage in die des Elternkonzerns aufgegangen sind. Zum Teil gibt es für einzelne Imprints oder Tochterverlage dann wiederum eigene Social Media Accounts. Manchmal aber auch nicht. Daher habe ich in der Liste diese Verlagsgruppen als einzelnen Eintrag geführt und die Tochtergesellschaften dort zusammengefasst. Das auseinander zu ziehen hätte keinen Sinn gemacht und vermutlich teilt man sich in dem Konzern auch die Marketingkapazitäten.
Die Liste wird natürlich ganz klar von diesen großen Verlagshäusern angeführt, die viele Verlage und Imprints unter einem Dach zusammenfassen. Bastei Lübbe hat mich überrascht, der Verlag hatte ich bisher gar nicht auf dem Schirm, aber durch die populären Jugendbuch und Young Adult Imprints hat die Verlagsgruppe einfach eine sehr starke Sichtbarkeit. Das ist genau der Bereich, der in den letzten Jahren einen starken Wachstum verzeichnet hat. Penguin Random House auf dem ersten Platz überrascht hingegen nicht, der Konzern hat über die Jahre so viele Verlage geschluckt und auch viel in Marketing gesteckt, was bei so einer großen Basis auch gut möglich ist. Der Verlag war auch der erste, der vor etwa zehn Jahren ein eigenes Bloggerportal gestartet hat. Auf Instagram und TikTok hat Penguin auch echt viele Follower und eine hohe Sichtbarkeit. Dass der Carlsen Verlag weit oben in der Liste ist, wundert mich auch gar nicht. Da ist man hinsichtlich des Online-Marketings einfach sehr aktiv, das habe auch ich mitbekommen, auch wenn das Programm bei mir nicht im Fokus steht. Der dtv Verlag hat auffallend viele Follower auf seinem normalen nicht-Jugendbuch-Instagram-Account, was für ein sehr gutes Marketing spricht. Den Ravensburger Verlag hätte ich auch nicht auf dem Schirm gehabt, aber klar, mit den bekannten Kinderbüchern ist er natürlich auch im Buchbereich sehr populär. Für den Klett-Cotta Verlag hätte ich ein deutlich höheres Ranking erwartet. Nur um die 35.000 Follower auf Instagram, da ist bei dem Verlagsprogramm mit den bekannten Fantasy-Autoren deutlich mehr möglich.
Es ist natürlich naheliegend, dass gerade Verlage, die ein jüngeres weibliches Publikum ansprechen, deutlich stärker auf Social Media vertreten sind und damit online auch eine deutlich höhere Sichtbarkeit haben. Beispielsweise Imprints wie der LYX Verlag, One Verlag, Cove Verlag oder der Forever Verlag sind online stark gefragt. Natürlich haben grundsätzlich die großen und bekannten Verlage auch entsprechend mehr Follower in den sozialen Netzen, was wenig überraschend ist. In Summe finde ich die Followerzahlen aber trotzdem eher bescheiden. Die etablierten Verlage rangieren so im Mittel um 60.000 Follower auf Instagram. Der Hanser Verlag mit ca. 65.000 Follower, der Suhrkamp Verlag mit knapp 70.000 Follower, der Rowohlt Verlag mit 75.000 Follower, der Droemer Knaur ca. 61.000 Follower, Kiepenheuer und Witsch mit knapp 60.000 Follower oder der Diogenes Verlag auch mit knapp 60.000 Follower. Wenn man den Informationen im Internet so glaubt, dann gibt es in Deutschland etwa 46 Millionen Instagram Nutzer (monatlich aktive Nutzer). Im Schnitt folgen also 0,1% der deutschen Instagram Nutzer einem der größeren Verlage. Das ist jetzt schon ziemlich mager und das geringe Interesse an Büchern deckt sich mit den Zahlen zum Buchmarkt. Wenn man bedenkt, dass die Bachelorette aus dem Jahr 2019 knapp 1 Millionen Follower hat, dann ist klar, wo im Land der Dichter und Denker der Fokus liegt. Sicher nicht auf Lesen. Okay, da bin ich natürlich nicht fair, denn man muss sagen, dass 450.000 Follower bei den Bastei Lübbe Verlagen, die über 400.000 Follower eines Carlsen Verlags, oder fast 320.000 Follower der Penguin Gruppe schon stolze Werte sind.
63% der Verlage haben mindestens einen Instagram Account. 12% der Verlage haben einen TikTok Account. Das ist nachvollziehbar, denn Inhalte für TikTok sind vermutlich aufwendiger zu generieren, da hier kurze ansprechende Videos erstellt werden müssen, während das Marketing bei Instagram auch mit Bildern schon weit kommt. Wenn ein Verlag bei TikTok ist, dann sind dort die Followerzahlen auch immer deutlich geringer als auf Instagram. Außerhalb einer jungen Zielgruppe, ist das vermutlich auch nicht wirtschaftlich dort zu werben und aktiv zu sein. Trotzdem hat mich das sehr überrascht, denn TikTok wurde in der letzten Zeit immer als das Marketing-Zugpferd der Verlag genannt. Vermutlich tauschen sich die Nutzer innerhalb von TikTok mehr über Bücher aus, als dass Verlage dort selbst aktiv sind. Dennoch hätte ich deutlich höhere Zahlen erwartet, die sich mit Instagram vergleichen lassen.
Ich muss sagen, dass ich am Ende auch überrascht war, wie wenig Verlage es gibt. 706 Verlage und Verlagsgruppen sind auf der Liste. Ja, unter dem Dach einzelner Medienunternehmen wie Penguin Random House sind zahlreiche Verlage vereint. Aber insgesamt ist die Vielfalt nicht ganz so groß, wie ich ursprünglich angenommen hatte. Der Börsenverein gibt um die 3000 Verlage an, wobei da vermutlich alle spezialisierten Verlage, wissenschaftlichen Verlage und auch Zeitschriftenverlage gezählt werden. Ich bin mir unschlüssig: Ja, 700 Verlage und dazu die Imprints, das ist schon viel. Aber irgendwie hätte ich noch viel mehr erwartet, bei 58.000 Neuerscheinungen im letzten Jahr und auch schon über 90.000 Neuerscheinungen, die es mal in Spitze vor ein paar Jahren gab. Aber klar, es ist eine sehr subjektive Sicht: Ich liebe Bücher, für mich können es nie genug Verlage sein.
Die Datenbasis der Topliste
Listen mit allen deutschen Verlagen findet man meistens auf Seiten für Schriftsteller. Autoren sind natürlich daran interessiert, damit sie Verlage ansprechen und ihre neuen Bücher anbieten können. Auch auf Wikipedia gibt es eine sehr umfangreiche Liste. Ich habe die Listen, die ich finden konnte, zusammengeführt, konsolidiert und angereichert.
Dabei habe ich auch intensiv auf künstliche Intelligenz gesetzt, weshalb die Datenbasis auch Fehler haben kann. Ich habe die Liste durchaus manuell überprüft und nachgearbeitet. Und auch verschiedene Listen gegeneinander geprüft. Besonders aber die Suche nach den Instagram und TikTok Accounts und auch den Imprints der Verlage habe ich mit KI automatisiert. Ansonsten wäre das einfach ein zu extremer Aufwand gewesen. Trotz aller Sorgfalt könnten aber Informationen fehlen oder falsch sein. Bitte schreibt mir gerne einen Kommentar oder eine Nachricht, wenn euch etwas auffällt.
Alle Verlage ohne Webseite habe ich nicht weiter beachtet. Ebenso habe ich versucht reine Zeitungs- und Zeitschriftenverlage auszusortieren. Ich habe mehrere Sprachmodelle die Liste überprüfen lassen und fehlende Verlage ergänzt und Verlage, die nicht auf der Liste sein sollten, aussortiert.
Die Entscheidung, welche Verlage man als eigenständigen Verlag aufführt und welchen als Imprint oder Tochtergesellschaft, die ist nicht ganz eindeutig. Dann gibt es ja auch noch die übergeordneten Unternehmen, also beispielsweise gehört der Carlsen Verlag zum schwedischen Medienunternehmen Bonnier AB. Manche Verlage gehören zu einer Holding und haben dann selbst wiederum auch wieder Imprints und Tochterverlage. Wo zieht man hier also die Grenze? Ich denke so wie es in der Liste gelöst ist, ist es pragmatisch. Es würde beispielsweise keinen Sinn machen den Manesse Verlag extra aufzuführen, wenn er doch zur Penguin Random House Gruppe gehört und keine eigene Webseite hat (wenn auch einen eigenen Instagram-Account). Die Abstraktionsebene ist also nicht immer vollständig konsistent, aber ich denke für den Zweck genau richtig.
Fazit
Die Topliste deutscher Buchverlage trifft die Erwartungen: Verlagsgruppen mit Imprints, die sich an jüngere weibliche Leser richten (Young Adult, New Adult, Romantasy, …), haben eine deutlich höhere Online-Sichtbarkeit. Etablierten Verlage, ohne diese jüngere Zielgruppe, rangieren mit ihren Followerzahlen auf Instagram häufig im fünfstelligen Bereich, was hinsichtlich der Zahlen zur Nutzung von Social-Media in Deutschland eher gering ist. 63% der Verlage sind auf Instagram präsent. Auf TikTok sind hingegen nur 12% der Verlage vertreten, was mich sehr überrascht hat, denn BookTok ist seit einiger Zeit in aller Munde. Alle größeren Verlage sind in der Social-Media-Welt angekommen und auf den oberen Rängen sind die großen Verlagshäuser zu finden, die man dort auch erwarten würde. Die Topliste lädt aber auch zum Stöbern ein und ich habe mich ertappt, wie ich mich durch die Verlage geklickt und nach Bücher gestöbert habe. Die Buchwelt ist auch online einfach ein schöner Ort.