Das Artwork von Assassin’s Creed Odyssey • Kate Lewis
Letztes Jahr habe ich mir ein neues Gaming Notebook gegönnt und wie das mit neuer Hardware so ist, brauchte es dann natürlich auch ein paar grafisch anspruchsvolle Titel, um die neue Grafikkarte ordentlich zum Kochen zu bringen. Die Assassins’s Creed Reihe ist ja bekannt für ihre Grafikpracht und nachdem Assassin’s Creed Odyssey schon ein paar Jahre alt ist, wird es dem geneigten Gamer schon seit einiger Zeit für wenig Geld hinterher geschmissen. Als es letztes Jahr so richtig los ging, mit Lockdown, Homeoffice und alles geschlossen hatte, da war das wie Urlaub, wie Balsam für die Seele, durch das antike, wunderschöne, sonnige und prächtige Griechenland von Assassin’s Creed Odyssey zu wandern und diese beeindruckenden Landschaften zu erkunden. Für mich ist Assassin’s Creed Odyssey eines der schönsten Spiele, die ich bisher gezockt habe und definitiv das Beste der gesamten Reihe.
Zufällig bin ich auf den Bildband zu dem Spiel gestoßen, der die Konzeptkunst der Spieledesigner in Szene setzt und den Weg von den ersten Entwürfen hin zu diesem aufwendigen und grafisch anspruchsvollen Computerspiel zeigt. Mich konnten schon die Artbooks zu zahlreichen anderen Spielen sehr begeistern, allen voran das Artbook zu Assassin’s Creed Black Flag, das mit einem Piratensetting aufwartet und bei dem mir die wunderschönen Zeichnungen richtig gut gefallen haben. Insgesamt konnte mich Black Flag aber nicht im Ansatz so lange an den PC fesseln, wie Odyssey und so war ich natürlich sehr gespannt darauf, was mich bei diesem Bildband erwarten würde.
Bei Assassin’s Creed Odyssey gibt es drei Dinge, die mir so richtig gut gefallen haben und die dieses Spiel von anderen Titeln unterscheidet. Das ist allen voran das wunderschöne Setting. Das antike Griechenland, mit all dem was dazu gehört, angefangen von den vielen schönen griechischen Inseln, dem Ägäischen Meer, den alten Tempel und Göttern, der warmen Sonne des Südens, den weißen Sandstränden und azurblaue Lagunen, natürlich Athen mit dem Parthenon, das Orakel von Delphi, Sokrates und diese einzigartige Landschaft Griechenlands.
Dann fand ich die Protagonistin des Spiels, Kassandra, einfach wunderbar. Sie ist eine Söldnerin, hat ein eher raues Naturell, sie hat ihren Fokus immer auf das, was sie durch ihre Aufträge verdienen kann und bewegt sich moralisch dabei immer eher am Rande dessen, was eigentlich sonst einen klassischen Helden ausmacht. Trotzdem hat sie Herz, Humor und ist dem Spieler sofort sympathisch. Man könnte das Spiel auch als ihrem männlichen Pendant Deimos spielen, aber damit würde es nicht im Ansatz so viel Spaß machen, wie mit Kassandra, die so gar nicht stereotyp ist. Beispielsweise wirkt sie optisch schon feminin, aber mit ihrem geschmeidigen sonnengebräunten muskulösen Körper und der Ausrüstung, ihren Gesichtszügen und Auftreten strahlt sie keine übertriebene Weiblichkeit aus. Das andere Extrem sind die asiatischen weiblichen Spielecharaktere, die immer super erotisch sind, mit dem Rüstungsbikini ums Eck kommen und Körpermaße haben, die in der realen Welt zu massiven Rückenschäden führen würden. Das ist bei Odyssey so gar nicht der Fall und authentische weibliche Charaktere in Spielen, die mit einer gewissen Tiefe aufwarten, gibt es ohnehin zu wenige.
Was mich an dritter Stelle an dem Spiel sehr begeistern konnte, das ist das Gameplay. Es ist ein Rollenspiel und es hat mich mit seinen ganzen einzelnen Elementen völlig in diese schöne große Welt gezogen und mich viele Stunden angenehm unterhalten. Man kann sich einfach treiben lassen und es fühlt sich leicht und gut an zu schleichen, zu kämpfen, die Welt zu erkunden und die verschiedenen Figuren in den zahlreichen kleinen Nebenquests kennenzulernen. Die Hauptstory ist ganz gut gelungen, wenn auch nicht unbedingt etwas Besonderes. Mir ist sie nur mäßig in Erinnerung geblieben.
Der Bildband zeigt in mehreren Kapiteln die Zeichnungen, welche durch die Künstler bei der Entwicklung angefertigt wurden und später dann als Vorlage für den Aufbau der Spielewelt dienten. Das sind am Anfang natürlich die beiden Hauptcharaktere Kassandra und Deimos. Ich fand es besonders faszinierend zu sehen, wie anders die ersten Skizzen von Kassandra ausgesehen haben und wie sie sich dann über den Entwicklungsprozess hinweg noch verändert hat. Ein Portrait von ihr finde ich besonders gut gelungen, denn es fängt zeichnerisch sehr hochwertig die Protagonistin ein, die ich auch im Spiel erlebt habe.
Die Kapitel sind nach den einzelnen Regionen bzw. Inseln benannt, die man als Spieler auch nach und nach bereist. Darin werden dann Zeichnungen und Abbildungen der jeweiligen Orte gezeigt, aber auch wichtige Figuren und Ereignisse und deren Entstehung vorgestellt. Auf diese Weise folgt das Buch der Reihenfolge, in der man auch als Spieler die Welt von Odyssey nach und nach entdeckt. Beim Durchblättern habe ich dann wieder richtig viel Lust bekommen, wieder das Spiel zu zocken.
Besonders schön fand ich die Darstellung der verschiedenen Biome, die umgesetzt wurden und für die verschiedenen Landstriche verwendet werden. Im Spiel geht das alles fließend ineinander über und passt sich sehr harmonisch zu einem Gesamtbild zusammen. Das nochmal auseinandergedröselt zu sehen, ist ganz interessant. Auch auf die Kleidung oder Ausgestaltung der Waffen und Uniformen wird eingegangen. Es ist beeindruckend, wie stark bei der Entwicklung des Spiels ins Detail gegangen wurde und im Buch findet man dann auch die Abgrenzung, wo sich die Spieledesigner an historische Vorlagen gehalten haben und wo sie die Grenzen zur Fiktion dann für eine bessere Spielbarkeit überschritten haben.
Verschiedene Doppelseiten zeigen Fahnen und Schilde und es wird dabei beschrieben, was hier als Vorlage gedient hat. Im sechsten Kapitel Argolis geht es um die Architektur und eine Seite zeigt beispielhaft die Vorlagen einiger Fresken. Diese habe ich im Spiel schon immer bewundert und zusammen mit der Beleuchtung sieht es einfach wunderschön aus, wenn man eine alte Ruine durchstreift und im Schein der untergehenden Sonne alte abgeblätterte Wandmalereien betrachtet, die dann noch richtig fein und echt anmuten. Selbst auf die zahlreichen Materialien und Texturen wird eingegangen.
Ein ganz kleiner Teil des Spiels handelt auch immer in der Gegenwart. Ich finde das immer völlig überflüssig, aber ausgehend von den ersten Assassin’s Creed Teilen, hat man das beibehalten. Der Gegenwart wird aber nur eine Doppelseite gewidmet, was ich völlig ausreichend fand. Besonders erwähnenswerte Tiere, Mythengestalten und Fraktionen werden ebenfalls gezeigt und deren Entwürfe vorgestellt. Gerade bei diesen Details merkt man, mit wie viel Sorgfalt an diesem Spiel gearbeitet wurde und was für ein Kunstwerk es geworden ist.
Sehr interessant fand ich auch Storyboards, mit welchen die verschiedenen Zwischensequenzen geplant wurden. Das wirkt dann wieder sehr filmisch und das ist es natürlich auch, denn mit diesen Szenen wird die Geschichte erzählerisch vorangetrieben. Diese Storyboards wirken dann wieder wie Comics und es wundert mich nicht, dass es zu einigen Spielen auch Comicveröffentlichungen gibt. Was mir hingegen weniger gefallen hat, waren die gerenderten Abbildungen. Gerade die Konzeptkunst ist spannend, die gerenderten Szenen kennt man ja bereits aus dem Spiel, die sind in gedruckter Form eher uninteressant. Wobei diese nur selten eingestreut sind und die doppelseitigen, großen Illustrationen, welche die Titelseiten der Kapitel ausfüllen, machen das wieder mehr als wett.
Primär findet man hier Bilder von Hugo Puzzuoli, Caroline Soucy, Yan Li und Michael Guimont. Zahlreiche Kreaturen wurden von Gabriel Blain gezeichnet. Wirft man einen Blick auf die letzte Seite, wo alle Künstler aufgelistet sind, dann sieht man, wie viele Menschen hier mitgearbeitet haben. Sieben Concept Artists haben mitgewirkt, fünf Texture Artists und zwanzig Modeler. Das ist natürlich nachvollziehbar bei einer so großen und detailreichen Welt. Wenn man nach den einzelnen Illustratoren auf Google sucht, dann findet man so einige sehr sehenswerte Galerien. Das ist schon beeindruckend und aus meiner Sicht, sind das schon echt begabte Künstler.
Um das Buch in aller Ruhe durchzublättern, die Bilder zu betrachten und die dazugehörigen Texte zu lesen, benötigt man zwischen einer und zwei Stunden. Ich fand die Lektüre sehr entspannend und genau richtig, um einen Abend mental abzuschalten. Damit gleicht dieser Bildband vom Rahmen und Umfang her anderen Artbooks dieser Art.
Die Aufmachung des Bildbandes ist wertig und die Druckqualität konnte durchgängig überzeugen. In einer Rezension habe ich gelesen, dass die englischsprachige Ausgabe von Titan Books hochwertiger sein soll, was ich nicht bestätigen kann. Zumindest wenn ich dieses Buch mit dem Artbook zu Black Flag vergleiche, das von Titan Books verlegt wurde und zwar nochmal einen Schutzumschlag hat, aber nur mit einem gewöhnlichen bedruckten Pappeinband aufwartet. Luft nach oben gibt es natürlich schon. So wäre ein schöner Leineneinband mit hochwertigen Schutzumschlag und Lesebändchen meine Wunschausstattung, aber von Preis-Leistungsverhältnis bekommt man hier ein schönes hochwertiges Buch.
Fazit: Mir hat dieser Bildband richtig gut gefallen. Zahlreiche Abbildungen zeigen, wie die Künstler und Spieledesigner sich langsam an das Thema herangetastet haben und wie sie, mit viel Hingabe und Blick fürs Detail, das antike Griechenland mit all seinen Feinheiten zum Leben erweckt haben. Besonders schön zu betrachten sind die frühen Skizzen von Kassandra, die Übersicht der Biome und die zahlreichen wunderschönen Konzeptskizzen, welche den Betrachter in eine warme, sonnige, von Mythen und Sagen verzauberte Welt entführen. Ein sehr sehenswerter Bildband, der bei mir wieder sehr die Lust auf das Spiel und auf das einladende Griechenland von Assassin’s Creed Odyssey geweckt hat. Ähnlich wie der Bildband zu Assassin’s Creed Black Flag kommt er in meine kleine Bibliothek, um an grauen und tristen Wintertagen hervor geholt zu werden und um vom sonnigen warmen Süden zu träumen.
Buchinformation: Das Artwork von Assassin’s Creed Odyssey • Kate Lewis • Riva • 208 Seiten • ISBN 9783742308252