MoonFire • Norman Mailer und Colum McCann

Ein wunderbarer Bildband über die Mondlandung der Apollo 11.

Das Thema Astronomie fand ich schon immer faszinierend, war bei mir aber lange unter dem Radar. In den letzten Jahren habe ich dann zahlreiche Dokumentationen dazu gesehen und auch einige Bücher über das Universum, Kosmologie, Weltall, Planeten und den ganzen Themenkomplex gelesen. Beim Stöbern nach schönen Bildbänden, bin ich eher zufällig auf den TASCHEN Verlag gestoßen, der einige wirklich prächtige Bildbände im Angebot hat. Anlässlich des 50. Jahrestages der Mondlandung, wurde auch der umfangreiche Bildband MoonFire veröffentlicht. Dieser beschreibt das gesamte Projekt der ersten Mondlandung in zahlreichen großformatigen Fotos, mit ebenso zahlreichen detaillierten Bildunterschriften, sowie mit einer Essayreihe von Norman Mailer. Über diesen bibliophilen Leckerbissen will ich euch in diesem Beitrag ein wenig erzählen.

Ich könnte mir stundenlang Dokumentationen zum Weltraum und Astronomie ansehen und habe das auch immer wieder gemacht. Auf Arte gab es mal eine hervorragende Playlist und auch in der Mediathek von Die Welt gibt es immer wieder richtig gut gemachte Beiträge. Ich war mir lange unsicher, ob es sich lohnt, zu diesem Thema Bildbände zu holen, denn in Videobeiträgen wirken Darstellungen und Animationen so richtig gut und sind oft sehr schön aufbereitet. Tatsächlich bin ich mit Bildbänden immer sehr sparsam, denn oft ist es so, dass man sie sich nur einmal anschaut, dann aber einen fetten Brummer im Schrank stehen hat, der viel Platz weg nimmt, aber nur selten nochmal angeschaut wird. Ein paar wenige Bildbände zu Astronomie habe ich mir dann doch geholt, so auch diesen hier. Und schon beim Auspacken gab es da den Wow-Effekt, denn MoonFire fällt größer und eindrucksvoller aus als ich erwartet hatte. Wenn man das Buch in die Hand nimmt und aufschlägt, dann wird auch schnell klar, warum das so ist. Das große Format wirkt einfach sehr gut und die großformatigen Fotos sind schon beim flüchtigen Durchblättern einfach prächtig und wunderbar anzusehen. Da lohnt sich jedes Gramm.

Ich hatte einen klassischen Bildband erwartet, mit vielen Abbildungen und Fotos und wenig Text. Tatsächlich ist MoonFire mit den Essays von Norman Mailer sehr gehaltvoll. Der amerikanische Schriftsteller wurde von der Zeitschrift LIFE für eine recht üppige Bezahlung beauftragt über die Mondlandung zu berichten. Mailer wurde zweimal mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet und hat besonders mit seinem Roman Die Nackten und die Toten Berühmtheit erlangt. Ich kannte den Autoren noch nicht und habe bisher auch noch nichts von ihm gelesen. Scheinbar war er bekannt für seine literarische Reportage und genau in dem Stil sind auch die Essays in diesem Buch verfasst. Eine Mischung aus journalistischen Inhalten und eigener Interpretation, mit viel subjektiven Eindrücken und Details. Dieser Stil und die Kombination einer solchen Textgattung zusammen mit den Abbildungen und den Detailinformationen in den Bildunterschriften ist wirklich perfekt und wunderbar zu lesen. Ich glaube nur Fakten zu lesen wäre zu trocken und schnöde, nur die persönlichen Eindrücke wären auch zu wenig, beides vermischt ist eine sehr unterhaltsame und gleichzeitig sehr informative Lektüre, die zu keinem Zeitpunkt langweilt.

Zwei gewaltige Flammensäulen senkten sich wie die Schwingen eines gelben feurigen Vogels über den ganzen Platz, bedeckten ihn mit strahlend gelben Flammenblüten, und zwischen ihnen erhob sich, weiß wie ein Gespenst, weiß wie der weiße Wal Moby Dick aus Melvilles Roman, weiß wie der Schrein der Madonna in den Kirchen der halben Welt, dieses schlanke, engelgleiche, geheimnisvolle Schiff aus drei Stufen aus seiner feurigen Inkarnation und stieg langsam himmelwärts, so langsam, wie auch Melvilles Leviathan geschwommen war, so langsam, wie wir selbst im Traum auf der Suche nach freier Luft emporschwimmen. (S. 148)

Die Essays für sich alleine betrachtet fand ich stellenweise durchwachsen. Mailer schweift schon oft ab und schreibt manchmal ganz seltsam über sich selbst und seine Person, nennt sich dabei immer „Aquarius“, was ich unpassend finde. Viele Passagen sind auch eher Schwafelei und haben mich wenig berührt. Besonders in den letzen Kapiteln seine verzweifelten Versuche die Mondlandung theistisch und persönlich einzuordnen. Sehr schön hingegen finde ich die Bilder, die er von dem Amerika der 50er und 60er Jahre evoziert. Und wie er über die High Society schreibt, oder wie er eine Pressekonferenz beschreibt und wie einzelne wichtige Personen, wie beispielsweise Wernher von Braun auf ihn wirkten. Sehr gut haben mir auch die eingefügten Zitate aus der Funkkommunikation der Astronauten mit Houston gefallen. Oft sind aber auch richtig prachtvolle Sätze mit dabei, das muss man einfach sagen. Da merkt man sofort, dass ein erfahrener Autor am Werke war. In Summe passt der Text hervorragend, ist sehr stimmig und zusammen mit den Fotos wird man durch das gesamte Apollo 11 Projekt geführt. Das ist schon großes Kino und steckt jede Dokumentation im TV in die Tasche, das muss man ganz klar sagen.

Nur ein Teil der Fotos sind tatsächlich Bilder vom Mond. Sehr viele Abbildungen zeigen die Astronauten selbst, die Vorbereitungen, Testläufe und Ausrüstungsgegenstände. Natürlich wird die Rakete Saturn V ausführlich vorgestellt und deren Start. Mit den technischen Details wird sehr deutlich vermittelt, was für eine Meisterleistung der Ingenieurskunst das damals war. Sehr spannend fand ich, dass eigentlich ein großer Teil des gesamten Projekts Tests und Simulationen waren. Es wurde versucht zahlreiche Situationen durch Übungen und Tests abzudecken und das erinnert stark daran, wie dieser Tage Software entwickelt wird, denn auch da sind ausführliche Tests extrem wichtig und nehmen einen nicht unerheblichen Umfang ein. Zumindest sollte das so sein. Für mich ist es auch immernoch kaum zu glauben, wie man ohne der dicken IT Ausstattung dieser Tage, damals zum Mond fliegen konnte. Das ist wirklich beeindruckend und in dem Buch wird das auch nochmal sehr deutlich.

Immer wieder sind Seiten zum Ausklappen enthalten, so dass ein ganz breites Format entsteht. Beispielsweise vom Start der Saturn V. Die Zusammenstellung der Abbildungen ist überhaupt sehr gelungen gewählt und folgt der Reihenfolge, wie das ganze Projekt chronologisch abgelaufen ist. Von den Vorbereitungen über den Start, der Reise zum Mond, bis hin zum Mondspaziergang. Eingestreut sind dann auch Bilder von den Menschen, die beteiligt waren. Detailportraits von einzelnen Verantwortlichen in Houston, oder Fotos von den Menschen, die dem Start beigewohnten. Das schafft einen schönen Bogen zur Gesellschaft der damaligen Zeit und man kann sich richtig gut vorstellen, wie damals die vielen Amerikaner mit ihren Campern angefahren kamen, um sich das Spektakel anzusehen. Oder wie die Journalisten in den Pressezentren gesessen sind und ungeduldig auf die ersten verschwommenen Liveaufnahmen gewartet haben. Die Atmosphäre der damaligen Zeit findet sich sowohl im Text als auch in den Fotos sehr deutlich und darin einzutauchen ist schon ein Vergnügen.

Natürlich werden auch die einzelnen wichtigen Akteure, allen voran die Astronauten, aber auch Wernher von Braun, dem wichtigsten Raketeningenieur des Projektes, charakterisiert und ihre Art zu sprechen, ihre Körpersprache und ihr Auftreten gut beschrieben. Es werden auch zahlreiche Exponate gezeigt, beispielsweise Armstrongs Handschuh, der auf der Innenseite eine Todoliste für den Außeneinsatz auf dem Mond eingenäht hatte. Da hatte ich immer wieder das Gefühl ein Museum zu besuchen.

Weiter oben hatte ich schon erwähnt, dass das Buch von seinem Aussehen sehr eindrucksvoll ist. Der Schutzumschlag fühlt sich sehr wertig an, mit der golden geprägten Schrift. Das Vorsatzpapier zeigt eine Karte von dem Mond und auch der Hardcoverumschlag ist mit der Raumkapsel in unmittelbarer Nähe zum Mond bedruckt. Was mich aber richtig gefreut hat, ist die wertige Fadenbindung, denn oft bekommt man Fadenbindungen dieser Tage leider nicht mehr geboten. Auch der Druck der Abbildungen ist hervorragend und das Buch verströmt den gleichen frischen neuen Duft wie die Bücher vom Splitter Verlag. Ich liebe diesen Geruch, der um einiges besser ist als der eines neuen Autos.

Fazit: Der TASCHEN Verlag hat mit diesem Buch über die Mondlandung zum 50. Jahrestag alles richtig gemacht. Die gesamte Komposition dieses Buches ist durchgängig gelungen, ist unterhaltsam, sehr informativ und lässt einen bei der Lektüre das ganze Mondlandungsprojekt nacherleben. Die prächtigen großformatigen Fotos zeigen eindrucksvoll die einzelnen Stationen dieser Ingenieursmeisterleistung. Die umfangreichen Essays von Norman Mailer fand ich zwar stellenweise etwas zu subjektiv und oft auch neben der Spur, zusammen mit den hervorragend arrangierten Fotografien und deren informativen Begleittexten bekommt man hier ein Buch, das umfassend über die Mondlandung informiert ohne den Leser zu langweilen. Die Lektüre nimmt dabei durchaus etwas mehr Zeit in Anspruch und das Buch ist nicht in einem Abend durchgeblättert, wie das oft bei anderen Bildbänden der Fall ist. Mit seinem großen Format, seiner wertigen Verarbeitung, der durchgängig hervorragenden Druckqualität und der stabilen Fadenbindung, wird es zudem allen bibliophilen Ansprüchen gerecht. Ein sehr empfehlenswertes Buch, dass seinen festen Platz in meinem Regal bekommen wird und mir richtig gut gefallen hat.

Buchinformation: MoonFire • Norman Mailer • TASCHEN Verlag • 348 Seiten • ISBN 9783836571142

4 Kommentare

  1. Moin,
    nun ist zwar wieder ein Einleitungstext da, aber vieeel zu kurz 🙂 Nach dem Satz weiss ich nun nicht was ,ich erwartet: eine Dokumentation (textlastig), Bildband oder etwas ganz anderes. Und ganz ehrlich: Bild und Minitext haben mich nicht auf einen Bildband eingestimmt.
    Die Beschreibung hinterläßt nun zwiespältige Ansichten. Da zitierst du den Start der Saturn V (nehme ich jedoch stark an), was auf mich unglaublich schwülstig wirkst und den Nicht-kaufen-Reflex auslöst. Ein Stück weiter unten schreibst du dann: „Oft sind aber auch richtig prachtvolle Sätze mit dabei, das muss man einfach sagen. “ Bringst aber kein Zitat 🙁 Oder fandest du dieses Zitat „prachtvoll“? Letztlich wird das Buch aber keine 5 Zentimeter meines kostbaren Regalplatzes bekommen (Gibts bzgl deiner Regalumfrage noch eine Auswertung oder waren die „Rückläufer“ eh alle online und eigentlich zu wenige?) Ein Anwärter auf diese letzten Zentimeter ist „Urknall, Weltall und das Leben“ von Harald Lesch und Josef Gaßner. Ich hoffe ich krieg da ne Widmung rein, war ich doch mit Harald ein paar Semester auf dem gleichen Campus und hätte ihm zumindest theoretisch über den Weg laufen können 🙂

    //Huebi

    PS statt evozieren hättest du auch hervorrufen schreiben können. Evozieren musste ich erst nachschauen :/

    1. Lieber Huebi,

      na aus dem Bild, der Überschrift „Bildband“ und dem Titel kann man, glaub ich zumindest, schon gut ableiten, was einen da erwartet. Und ein Klick kostet ja dann auch nichts. Ein euer Beitrag sticht nun schon schön ins Auge und nachdem nun nicht jeden Tag ein neuer Artikel kommt, ist schon gleich sichtbar, dass es etwas Neues gibt.

      Ich muss ja gestehen, dass es mich gewundert hätte, Dich mit dem Bildband zu überzeugen, nachdem Du ja fast nur digital unterwegs bist und mit Regalplatz für Bücher extrem restriktiv haushaltest.

      Der zitierte ist auch der prachtvolle Satz und ich finde ihn wunderbar. Oh ja und er ist auch wunderbar schwülstig, wie er da beschreibt, wie sich dieses Meisterwerk in die Lüfte erhebt, langsam und träge die Schwerkraft überwindend. Huebi, das muss doch auch Dein Herz erwärmen… Aber ich war immer schon im Team Balzac und dem Team Hemingway eher fern. 😉

      Das Buch von Harald Lesch hab ich auch gesehen. Ach es gibt einfach zu viel und Geld und Zeit ist einfach immer zu knapp. Harald Lesch ist wie Bob Ross, ihm zuzuhören ist einfach entspannend und geht immer.

      Ach Huebi, evozieren ist ein so schönes Wort. Fast so schön wie „Spunk“ und seitdem ich es vor einigen Jahren nachschlagen musste, benutze ich es ganz gerne, denn für mich hat es auch immer etwas Subtiles und kommt nie so plump daher gerollt wie das schnöde „hervorrufen“.

      Schade, dass ich Dich nicht mit diesem wunderbaren Bildband überzeugen konnte. Allerdings ist er natürlich sehr fokussiert auf die Mondmission. Da ist Lesch mit seinem Buch allgemeiner unterwegs. Ein paar Zentimeter muss man im Regal für das Buchs schon einplanen, das stimmt. Und auch eine gewisse Höhe, das ist dann immer eher das Problem bei Bildbänden. Unser nächster Umzug wird auf jeden Fall die Hölle, das steht schonmal fest. Wobei, daran ändert dieses Buch nun auch nichts mehr 🙂

      Liebe Grüße
      Tobi

      1. Spunk? Nein Spunk ist doof. Myskodil, das hat was!
        Und ein Umzug war auch bei mir das auslösende Moment. Da bin ich die Bücher hinten und vorne nicht losgeworden, weder im Freundeskreis, noch bei eBay (das war mir auch zu viel Gedöns und Ärger hinterher) oder Tauschticket. Letzlich ist es dann das grosse grüne Regal geworden, 5 Meter lang, 2 Meter hoch und 3 Meter breit aka Altpapierpresse. In der Süddeutschen gab es einen ähnlich gelagerten Fall: https://www.sueddeutsche.de/leben/buecher-entruempeln-literatur-1.4650847
        Obwohl ich es schon ein wenig angeberisch fand, was Herr Kister so alles gelesen haben will.. Aber den Schritt habe ich vollziehen können. Für die letzten paar Zentimeter Regal muss schon was gaaaaaaanz was besonderes kommen 🙂

        Und ausserdem hat nie Mondlandung ja eh nicht sattgefunden 🙂 🙂 🙂

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