Eine Segelfahrt um die Welt an Bord der Yacht Sunbeam • Anna Brassey

Nachdem ich von meinem letzten alten Abenteuerroman Mali, der Schlangenbändiger so begeistert war, bin ich natürlich losgezogen und hab das Internet nach weiteren schönen Büchern durchforstet. Dabei habe ich mir das Programm vom Hirt & Sohn Verlag genauer angesehen und festgestellt, dass es da noch einige echt interessante Bücher gibt. Bei so alten Abenteuerromanen mag ich ja die Ausgaben der damaligen Zeit sehr gerne, aber ich hab auch nie etwas gegen frische neue Bücher einzuwenden und gebe ihnen, sofern sie denn schön gemacht sind, zumeist den Vorzug. Eher zufällig bin ich dabei auf den Verlag Fines Mundi gestoßen. Der kleine Verlag hat sich auf alte Bücher spezialisiert und hat über 4500 Titel aus den Bereichen Reisen und Expedition, zoologische und botanische Prachtwerke und auch einige Abenteuerromane im Programm.

Wenn man nun nach den alten gebrauchten Büchern sucht, dann findet man oft nur ganz alte und schon ziemlich in Mitleidenschaft gezogene Ausgaben. Oder sie sind so teuer, dass auch mal 80 Euro und mehr dafür aufgerufen werden. Zu den eher teureren Büchern gehören auch die Reiseberichte von Anna Brassey. Die Ausgabe vom Fines Mundi Verlag hingegen hat zwar auch ihren Preis, ist aber günstiger und eben auch komplett neu und frisch gedruckt. Da war ich sehr gespannt, was mich hier erwartet. Nachdem der Fines Mundi Verlag zahlreiche, sonst nicht mehr verfügbare alte Romane und Reisebereichte im Angebot hat, ist er aus meiner Sicht ein richtiger bibliophiler Geheimtipp und ich will euch ein Buch aus dem Hause vorstellen.

Bei Eine Segelfahrt um die Welt an Bord der Yacht Sunbeam handelt es sich um einen Reisebericht über eine elfmonatige Weltreise, die Anna Brassey zusammen mit ihrem Mann und ihren fünf Kindern im Jahre 1876/77 unternommen hat. Die Yacht Sunbeam war zudem mit einer großen Besatzung und einigen Bediensteten ausgestattet. Den Brasseys mangelte es nicht an Mitteln und so konnten sie diese große Yacht ausstatten und eine solche Reise unternehmen. Dabei führt sie ihre Weltumsegelung rund um den Globus. Von England aus geht es zu den Kanaren, von dort aus mit mehren Stationen weiter nach Rio de Janeiro, nach Argentinien, nach Chile, Thaiti, Hawai, Japan, dann bis nach Singapur, weiter nach Sri Lanka und dann über den Suez Kanal wieder Richtung Heimat. Also eine ordentliche Runde durch primär wärmeren Gefilden. Dabei unternehmen die Weltreisenden auch immer ausgedehnte Landgänge, die Brassey ebenfalls detailreich schildert.

Ihre Beschreibungen lesen sich sehr angenehm und es ist entspannend ihren Eindrücken zu lauschen und sich dabei all die schönen Orte vorzustellen. Da kommt durchaus Urlaubsgefühl auf und so, wie Brassey ihre Reise beschreibt, fällt es einem leicht, sich all das Erlebte selbst vor das geistige Auge zu rufen. Der Text ist als Tagebuch verfasst und die Abschnitte werden mit dem Datum eingeführt, so dass man den Eindruck hat, ein Logbuch zu lesen. Dabei liest sich der Text flüssig und Brasseys Sprache ist schön ausgewogen und trifft ein ganz gutes Gleichgewicht zwischen Naturbeschreibungen und Nacherzählung von unternommenen Ausflügen und Erlebnissen. Das Buch ist allerdings ein Reisebericht und man merkt, dass es den Brasseys nicht an Geld mangelte. Da war alles ganz gut organisiert und es gab wenig Hindernisse oder Unwägbarkeiten. Es kommt also nur wenig Spannung auf und man muss auch in der Stimmung zu so einem Buch sein. Stellenweise hat mich das Buch dann auch ein wenig gelangweilt. Das ist ein bisschen wie eine Reisedoku anzuschauen, da plätschert das auch so dahin und ist entspannend und ganz interessant, aber nicht vergleichbar mit einer Geschichte. Das eignet sich ganz gut als Lektüre für zwischendurch oder wenn man auch längere Lesepausen erwartet, denn in das Buch findet man sich schnell wieder ein.

Anna Brassey wurde 1839 in London geboren und lebte bis 1887. Sie war mit Thomas Brassey verheiratet, dem Spross des gleichnamigen Unternehmers und Bauingenieurs. Sein Vater war damals wohl ziemlich gut im Eisenbahngeschäft und ein nicht unbedeutender Anteil des Eisenbahnbaus entstand wohl unter seiner Leitung. Daher verwundert es nicht, dass sie sich so eine lange Reise und so ein Schiff leisten konnten, wobei auch Anna selbst aus wohlhabenden Hause kam. Es gibt noch zwei weitere Bücher von Brassey, die sich ebenfalls mit ihren Reisen befassen. Darüber hinaus war sie aber wohl nicht schriftstellerisch tätig. Laut Wikipedia ist sie auf einer weiteren Reise nach Mauritius an Malaria gestorben.

Ursprünglich erschien das Buch 1880 im Hirt & Sohn Verlag. Dieses Buch basiert vollständig auf dieser ursprünglichen Ausgabe und ist in keiner Weise verändert worden. Man bekommt also auch hier all die schönen Illustrationen, die Frakturschrift und den angenehm altmodischen Schreibstil der damaligen Zeit. Ganz anders wie das dieser Tage ist, hat man bei der Übersetzung nicht viel Wert darauf gelegt, nahe am Original zu bleiben, was auch ganz offen im Vorwort erläutert wird. Hier bekommt man natürlich bei aktuellen Übersetzungen höhere Qualität geboten, aber dennoch habe ich das für den Text nicht als nachteilig empfunden.

Die Ausgabe des Fines Mundi Verlags selbst ist sehr wertig und man merkt einfach sofort, dass man hier ordentliche Handarbeit bekommt. Die Bücher werden in Kleinstauflagen in allen Einzelschritten komplett von dem Verlag gefertigt. Der Leineneinband wirkt sehr stabil und gefällt mir richtig gut. Besonders die abgerundeten Ecken finde ich sehr schick und auch die gelbbraune Farbgebung, die an die des Originalbuchs angelehnt ist, finde ich sehr gelungen. Leider handelt es sich um eine Klebebindung, aber vom Gesamteindruck ist diese richtig stabil und für die Ewigkeit ausgelegt. Robuste Bibliotheksversion ist hier eine sehr treffende Beschreibung. Auch das Papier ist aus alterungsbeständigen und säurefreien Werkdruckpapier, der Druck ist perfekt und sehr sauber und die Illustrationen werden makellos wiedergegeben. Das Lesebändchen ist mit seinem Dunkelbraun farblich schön auf den Einband abgestimmt, auch das gefällt mir sehr gut. Der Buchrücken ist mit schwarzer Frakturschrift versehen, was ebenfalls sehr gut passt. Was mir nicht so zusagt ist das Hauptmotiv auf der Vorderseite. Das ist zwar sehr schön, und identisch mit dem Motiv des Originals, allerdings auf dem Leineneinband aufgeklebt. Da hätte ich einen Schutzumschlag, der auch den Buchrücken des Originals wiedergibt und das gesamte Buch in die ursprüngliche Farbe hüllt etwas stimmiger gefunden. In Summe bekommt man hier aber ein sehr solides Buch, das gut in der Hand liegt, sich gut anfühlt und sehr robust ist.

Fazit: Dieser umfangreiche Reisebericht ist eine entspannende Lektüre, die den Leser an wunderschöne warme Orte entführt und beim Lesen ein angenehmes Gefühl von Urlaub und Sommer hervorruft. Zusammen mit den Brasseys die Welt zu bereisen ist ein wenig wie Reisedokus anzusehen und weckt die Lust, sich selbst auf den Weg zu machen. Besonders die Illustrationen werten das Buch nochmal sehr auf. Gleichzeitig kommt der Text aber auch ohne nennenswerte Spannung, ist stellenweise auch ein wenig langweilig und man muss auch Lust auf diese Art von Buch haben. Es ist wunderbar, dass der Fines Mundi Verlag so alte Bücher wieder zugänglich macht und in einer bibliophilen und hochwertigen Ausgabe neu auflegt. Für jeden, der Reiseberichte gerne liest, ist das Buch definitiv eine Empfehlung. Und wer sich für alte Abenteuerromane interessiert, dem kann ich nur einen Blick in das Angebot des Fines Mundi Verlags empfehlen.

Buchinformation: Eine Segelfahrt um die Welt an Bord der Yacht Sunbeam • Anna Brassey • Fines Mundi Verlag • 389 Seiten • Faksimilereprint 2014 (Original erschienen: 1880 im Ferdinand Hirt & Sohn Verlag) • Link zum Buch

1 Kommentar

  1. Das Buch sieht ja toll aus (hat allerdings auch einen stolzen Preis, wie ich sehe..).
    Bei Frakturschrift habe ich manchmal Schwierigkeiten, unbekannte Worte zu entziffern, kann sie aber eigentlich ganz gut lesen. 🙂
    Den Verlag werde ich mir wohl mal näher ansehen.

    Liebe Grüße
    Petra

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