Meine schönsten Bücher • Eugen von Bücherbriefe
Vor einigen Jahren habe ich die Blogreihe Meine schönsten Bücher gestartet, wo in Gastbeiträgen Buchmenschen ihre schönsten Bücher vorstellen. Wobei diese Buchmenschen, wie ich auch, großen Wert auf bibliophile Ausgaben legen und euch auf einen kleinen Streifzug durch ihr Bücherregal mitnehmen wollen, um einige ihrer schönsten Werke darin vorzustellen. Diesmal konnte ich Eugen von Bücherbriefe für einen Gastbeitrag gewinnen und das freut mich besonders, weil er einfach einen erlesenen Buchgeschmack hat und ich genau wusste, dass er einige echte bibliophile Geheimtipps zeigen wird. Auf seinem Blog Bücherbriefe stöbere ich immer wieder sehr gerne, denn dort finden sich wunderbare Klassiker und schöne Ausgaben und man merkt einfach Eugens Liebe zu prächtigen Büchern. Das ist eine Nische, im Internet findet man hierzu nicht all zu viel und um so wertvoller finde ich Blogs wie den von Eugen. Lasst euch in diesem Beitrag auf einen kleinen Rundgang durch Eugens Bücherregal entführen und zu neuer wunderschöner Literatur inspirieren.
Ohne Zweifel liebe ich es, mich mit schönen Büchern zu umgeben – doch was genau macht ein schönes Buch aus? Bedarf es dazu eines Leinen- oder gar eines Ledereinbandes? Goldschnitt, Farbschnitt oder gar kein Schnitt? Werten Illustrationen ein Buch auf oder schadet zu viel Tand dem Gesamteindruck? Nutzen wir doch einen kleinen Ausflug durch meine Sammlung, um uns dieser Frage zumindest anzunähern.
Den Ausgangspunkt unserer Betrachtungen soll die Hanser Klassiker-Reihe bilden. Rein äußerlich erinnert angesichts der unauffälligen Schutzumschläge zunächst wenig an schöne Bücher. Entfernt man diese jedoch, so offenbaren sich feinste Leineneinbände, Titelschilder mit Prägungen und sorgfältig aufeinander abgestimmte und hochwertige Komponenten. Kurzum: Hochwertige Bücher, die trotz oder gerade wegen ihrer schlichten und zeitlosen Eleganz zu begeistern wissen. Die Bücher werden wahrscheinlich noch Generationen überdauern und bilden damit das ideale Rückgrat einer jeden Buchsammlung.
Was die wenigsten wissen: Einige Jahrzehnte zuvor versuchte sich derselbe Verlag unter Führung eines aufstrebenden jungen Verlegers namens Michael Krüger mit ähnlicher Hingabe am phantastischen Genre. Mit der Bibliotheca Dracula wagte man es tatsächlich, Klassiker der phantastischen Literatur im bibliophilen Gewand zu veröffentlichen. Der größte Unterschied zu den heutigen Klassikern? Die bemerkenswerten und von Uwe Bremer gestalteten Schutzumschläge, die die Reihe bis heute zu begehrten und teilweise gar nicht mehr erhältlichen Sammlerstücken machen.
Ein Stück weit weniger auffällig hält es die Edition Andreas Irle. Ziel des Verlages ist es, das außergewöhnliche Gesamtwerk des – hierzulande immer noch sträflich vernachlässigten – Jack Vance in hochwertigen Liebhaberausgaben zu veröffentlichen. Dazu bedient man sich wiederum feinster Leineneinbände, Goldprägungen und eines zeitlosen und schlichten, dafür aber umso eleganteren Konzepts. Hinzu kommt, dass einzelne Reihen des Autors mit unterschiedlichen Farben bedacht wurden, sodass sich bei einer entsprechend großen Sammlung ein farbenprächtiges Bild ergibt.
In einer Auflistung schöner Bücher dürfen natürlich auch die Werke des Mare Verlages nicht fehlen. Gewissermaßen bilden sie die Schnittstelle zwischen den eleganten, aber auch ein Stück weit uniformen, und den extravaganteren Ausgaben in meiner Sammlung.
Auch wenn schöne Leineneinbände und stabile Schuber auch hier für ein unverwechselbares Erscheinungsbild sorgen, darf der Einband durch etwas mehr Variantenreichtum glänzen – so ist der Einband ab und an auch mal bedruckt und die eine oder andere Prägung verziert mehr als nur das Titelschild. Bei einer so großartigen Auswahl auf ein bestimmtes Buch zu verweisen, erweist sich dabei als so gut wie unmöglich. Da wir uns aber an einem Wendepunkt unserer Betrachtungen befinden, möchte ich insbesondere Die Arbeiter des Meeres von Victor Hugo hervorheben, der sich in Sachen Buchgestaltung nur ein Stück weit vom klassischen Bild entfernt.
Auch der Coppenrath Verlag hat sich in den letzten Jahren verstärkt zu einer Anlaufstelle für schöne Klassiker-Ausgaben gemausert und sorgt mit seiner Titelauswahl immer wieder für Überraschungen. Das prägendste Alleinstellungsmerkmal der Reihe stellen – neben dem Zusammenspiel von klassischen und spielerischen Elementen – die zahlreichen mehr oder weniger aufwendig gestalteten Extras dar. Mir persönlich haben es insbesondere die kleineren Schmuckausgaben angetan – im deutschsprachigen Raum bekommt man wohl kaum schönere Sherlock-Holmes-Ausgaben.
Einen Schritt weiter geht Die Andere Bibliothek – eine Reihe, die jedem bibliophilen Leser ein Begriff sein dürfte. Auch hier geben Format und Papierschuber den Rahmen vor, doch alles weitere kann von Band zu Band stark variieren. Ob es um die verwendeten Materialien oder die Gestaltung im Inneren geht– jeder Band wird von unterschiedlichen Künstlern betreut und stellt ein individuell gestaltetes kleines Kunstwerk dar.
Als Geheimtipp möchte ich euch dabei insbesondere Die Macht des Charlatans von Grete de Francesco ans Herz legen. Dabei konnten mich nicht alleine die zahlreichen hervorragenden Illustrationen begeistern – vielmehr ist es die typographische Gestaltung, die mich zu diesem Urteil bewegt. Die verwendete Schriftart (Sabon) lässt in Verbindung mit der Akzentfarbe (Gold) jede einzelne Seite alleine schon optisch zu einem einzigen Lesevergnügen werden.
Erstmals wirklich abseits klassischer Pfade bewegen wir uns mit Kat Menschiks illustrierten Lieblingsbüchern. Allen Bänden ist zwar auch hier das gleiche Format gemein, doch darüber hinaus variiert die bekannte Illustratorin jedes einzelne Element. Und auch wenn ihr Stil unverwechselbar ist, beweist sie die Fähigkeit, in Sachen Buchgestaltung sehr unterschiedliche Ansätze verfolgen zu können. Besonders angetan hat es mir dabei ihre Ausgabe von Tschingis Aitmatows Djamila, bei der die Geschichte, die Illustrationen und die gesamte Farbpalette eine unwiderstehliche Symbiose miteinander eingehen.
Illustrierte Ausgaben erfolgreicher Werke gehören mittlerweile zum guten Ton, und so ist es nicht verwunderlich, dass die Harry-Potter-Romane gleich zwei verschiedene Ausgaben spendiert bekommen haben. Das mag übertrieben erscheinen, allerdings ist zu bedenken, dass in den letzten dreißig Jahren wohl kein für die Literatur wichtigeres Buch erschienen ist. Der geneigte Leser hat dabei die Qual der Wahl, ob es die (bislang) von Jim Kay illustrierten großformatigen Schmuckausgaben oder die vom Künstler-Kollektiv MinaLima betreuten, wesentlich verspielteren Ausgaben sein sollen – im Zweifel greift man einfach zu beiden.
Dass wir uns über so schöne phantastische Werke freuen dürfen, ist keine Selbstverständlichkeit. Lange Jahre verlegte die Edition Phantasia als einziger deutschsprachiger Verlag phantastische Literatur in bibliophilen Ausgaben. Und auch wenn die großen Zeiten des Verlages mittlerweile vorbei scheinen, werden die legendären Ausgaben des Verlages in Sammlerkreisen immer noch zu horrenden Preisen gehandelt. Dabei möchte ich insbesondere zwei Werke hervorheben.
Bei meinem ersten Beispiel handelt es sich um die gesammelten Werke von H. P. Lovecraft. Abgesehen davon, dass es sich bei ihm um den noch vor Stephen King einflussreichsten Horror-Autor aller Zeiten handelt, weiß auch diese Ausgabe durch äußere Werte zu überzeugen. Hervorzuheben ist dabei vor allem der Samteinband, der in dieser Größe noch wesentlich eindrucksvoller wirkt als die kleinere Variante in Charles Baudelaires Wein und Haschisch.
Mein wohl schönstes Buch aus der Edition Phantasia stellt jedoch John Bellairs Das Gesicht im Eis dar. Standesgemäß mit einem schönen Schuber ausgestattet dürfen wir uns über wirklich herausragende Illustrationen, Schmuckinitialen auf jeder Seite und darüber hinaus natürlich über eine winterliche Geschichte freuen – ein Buch, das wie geschaffen scheint für einen kalten Winterabend und eine schöne Kanne Tee.
Heutzutage müssen wir uns glücklicherweise nicht mehr nur auf die Edition Phantasia verlassen. Ein ambitioniertes Projekt der jüngeren Vergangenheit stellt etwa die Werkausgabe von Boris und Arkadi Strugatzki dar, die im Golkonda Verlag erschienen ist. Neben obligatorischen Elementen wie einer Fadenheftung, Leineneinbänden und einer angenehmen Typographie ist die Ausgabe vor allem durch die Künstlerin BenSwerk geprägt, deren Handschrift auf jeder Seite durch kleine Details durchscheint.
Einen kleinen Geheimtipp möchte ich noch mit dem Pandora Magazin beisteuern: Das Pandora Magazin war vor einigen Jahren der Versuch, anspruchsvolle internationale Kurzgeschichten und Artikel auf hohem Niveau in einem ansprechenden Format zu veröffentlichen. Die Auflistung der Beteiligten liest sich auch heute noch wie das Who is Who der phantastischen Literatur.
Auch wenn es die Reihe nicht über den vierten Band hinausgeschafft hat, begeistern die einzelnen Ausgaben auch heute noch mit einer beeindruckenden Auswahl an Kurzgeschichten, tollen Artikeln und schönen Illustrationen. Ganz nebenbei stellt die Reihe auch den Beweis dar, dass es keines Farbschnittes bedarf, um ein hochwertiges Paperback zu produzieren.
Dieselben kreativen Köpfe sind mittlerweile zum Carcosa Verlag weitergezogen und dort unter anderem für Ursula K. Le Guins Spätwerk Immer nach Hause verantwortlich. Und auch hier kann der Band aus bibliophiler Sicht von Anfang bis Ende überzeugen. Schon die minimalistische äußere Gestaltung durch BenSwerk ist preisverdächtig und auch das Innere weiß durch die unterschiedlichsten Textformen, Illustrationen und Landkarten zu begeistern.
Den Ausflug durch meine kleine Sammlung möchte ich mit einem Blick auf den Comic und Manga Bereich beenden. Eine Reihe, die mich seit einiger Zeit fesselt, ist Kazuo Koikes und Goseki Kojimas Lone Wolf & Cub. Der Carlsen Verlag hat diesem Klassiker mit wirklich gewaltigen und für den Manga-Bereich sehr hochwertigen Einbänden einen angemessenen Rahmen gegeben. Eine Reihe, die übrigens auch etwas für Leser ist, denen Mangas sonst zu bunt und verspielt sind. Mobil ist man mit diesen gewaltigen Bänden allerdings nicht.
Aber selbst diese Bände werden durch Héctor Germán Oesterhelds legendärem Eternauta übertroffen. Auch hier gilt, dass die verwendeten Materialien absolut hochwertig sind. Das Highlight stellt natürlich der absolut genial gestaltete Buchumschlag dar, der einen starken Kontrast zu den großartigen schwarz-weißen Zeichnungen liefert und nur noch von der tragischen Hintergrundgeschichte dieses Comics übertroffen wird.
Damit kommen wir zum Ende unseres kleinen Streifzugs durch meine Regale. Und was lässt sich am Ende festhalten? Etwas eigentlich Banales, darum aber nicht weniger Wahres: Schöne Bücher gibt es verschiedensten Formen und jedes einzelne hat seine Berechtigung, egal ob hochwertiger Klassiker oder mit viel Liebe gestaltete Paperback-Ausgabe. Ich hoffe, ich konnte euch auf das eine oder andere Schmuckstück aufmerksam machen und dabei zumindest ein Stück weit unterhalten. Vielen Dank!
Danke für diesen schönen Gastbeitrag. Er war nun das i-Tüpfelchen für die Bestellung der Sherlock-Holmes-Reihe. Ein nachträgliches Weihnachtsgeschenk.
Liebe Grüße und einen guten Rutsch ins neue Jahr und dass Dir weiterhin so schöne Bücher über den Weg laufen,
Anne-Marit
Auch ich sage Euch beiden Danke für diesen gelungen Beitrag. Er lädt zum Stöbern und Wunschlisten erweitern ein.
Herzlichst,
Barbara
Vielen Dank für diese vielen schönen Tipps! Ich kannte die Reihe noch nicht und habe mir gleich noch die anderen Beiträge angesehen. Meine Wunschliste ist gleich wieder um einige Titel länger geworden. 🙂
Vielen Dank auch insgesamt für Deine immer sehr interessanten und lesenswerten Buchtipps das ganze Jahr über! Ich wünsche ein gesundes neues Jahr und freue mich auf neuen Lesestoff.
Viele Grüße
Birgit
Wie schön, hier wieder einen Beitrag aus dieser Rubrik zu sehen. Vielen Dank euch beiden für den Blick in die Regale!
Und gleichzeitig habe ich damit auch einen neuen Blog für mich entdeckt. 🙂
Da sollten diese Ausgaben auch nicht fehlen:
Der große Gatsby aus dem Reclam Verlag
Das Schiff des Theseus vom KiWi Verlag
sowie
Frankenstein und
Das Bildnis des Dorian Gray von der ars edition.
Vielen Dank noch einmal – es war mir eine besondere Freude und Ehre, einen Beitrag zu dieser illustren Reihe leisten zu dürfen!
Auch möchte ich mich für die tollen Rückmeldungen bedanken, es ist schön zu sehen, wie viele Leute sich immer noch für schöne Bücher begeistern können!
Liebe Grüße,
Eugen
Wow… vielen lieben Dank für all die wunderschönen Buchinspirationen.Ganz lieben Dank für den Einblick in Eure Bücherregale. Gern schaue ich auch bei der Blogreihe als Ganzes vorbei… 🙂
Liebe Grüße
Mandy
Dankeschön, auch an Eugen. Wusste gar nicht, dass es Aitmatows wunderbare „Djamila“ (nicht nur die schönste – so die zutreffende Wertung Aragons – sondern auch die tiefgründigste Liebesgeschichte der Welt) auch Kat-Menschik-illustriert gibt.
Hier eine „Gegen“-Empfehlung zum 100. (Todes-)Gedenkjahr des mir lesens- und liebenswertesten Dichters des 20. Jahrhunderts: Auch Franz Kafkas Novellensammlung „Ein Landarzt“ gibt es mit beeindruckenden Illustrationen von Kat Menschik.
Herzlichen Dank für diese Reihe, ein ganz besonderes Highlight für Bibliophile. Solche beiträge kann und sollte man tatsächlich immer wieder lesen. (Ich überlege noch, wie ich das für mich organisieren kann.)
Ich freu mich auf Deine Beiträge im Jahr 2024!
Bücher als deko darzustellen ist echt kitsch wie diese Blaue bild mit dem schiff
sonst ist der blog ganz gut