Zensur in Deutschland: Wie in Deutschland Bücher verboten werden

In der Vergangenheit gab es öfters Diskussionen um Bücher, die mittlerweile als anstößig oder nicht politisch korrekt gelten. Da wird dann schnell der Ruf laut, dass hier doch zensiert wird. Im Grundgesetz Artikel 5 heißt es „Eine Zensur findet nicht statt“. Dennoch können auch in Deutschland Bücher verboten werden. Und zwar primär über das Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) im Zeichen des Schutzes unseres Nachwuchses. Da habe ich mich gefragt, ob es in Deutschland wirklich eine staatliche Zensur gibt. Welche Bücher sind dort auf der Liste? Wird hier vielleicht sogar der Jugenschutz nur vorgeschoben und unliebsame Literatur aus den Regalen verbannt? Ich habe mit dem BzKJ Kontakt aufgenommen und Einblick in die Liste der indizierten Bücher genommen. Erfahrt hier, was ich Spannendes herausgefunden habe.

Man muss hinsichtlich Zensur differenzieren und ich möchte in dem Artikel auf die staatliche Zensur eingehen. Nicht auf die Einschränkungen, die sich beispielsweise Medienschaffende oder Verlage selbst auferlegen. Und betrachtet man die Rechtslage, so gibt es trotz des Artikel 5 einige Möglichkeiten die Verbreitung von Schriftwerken einzuschränken. Da ist einmal der Persönlichkeitsschutz, also wenn ein Buch die Persönlichkeitsrechte verletzt oder wenn es sich um Volksverhetzung handelt. Da gibt es leider keine strukturierte Liste, um herauszufinden, was und wie viel hier zensiert wurde. Das wäre interessant zu erfahren, wie viele Bücher auf diese Weise nicht erscheinen dürfen oder wieder vom Markt genommen wurden. Quelle hierfür sind Gerichtsurteile und da müsste man vermutlich viel Zeit aufbringen, um herauszufinden, was in den letzten Jahren verboten wurden.

Ein zweiter Weg, über den strukturiert Bücher indiziert werden, ist der Jugenschutz. Durchgeführt wird das von der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ), das immer erst von einer anderen Stelle aus getriggert werden muss. Eine Antragsberechtigung haben beispielsweise die Jugendämter, Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle, Schulen usw. Verschiedene Gremien des BzKJ entscheiden dann über die Indizierung. Erfolgt diese, dann bedeutet dies, dass das Buch nicht mehr öffentlich beworben werden darf, es nur noch sehr eingeschränkt verkauft werden darf und kein Versandhandel erlaubt ist. Natürlich gilt das auch für andere Medien, aber ich hab mich hier nur auf die Betrachtung von Büchern beschränkt.

Wurde eine Indizierung beschlossen, so landet das Buch auf einer Liste. Es gibt dabei eine nicht öffentliche Liste, die wohl nur für Internetresourcen verwendet wird, da hier die URL und damit direkt der Zugang zum indizierten Inhalt zugänglich gemacht werden würde. Eine öffentlichte Liste wird hingegen alle drei Monate in der Fachzeitschrift BzKJAKTUELL veröffentlicht. Sie ist online nicht verfügbar und das ist auch irgendwie nachvollziehbar, denn sonst wäre das ja sozusagen eine Werbeliste für fragwürdige Inhalte. Ich hab mir aber eine BzKJAKTUELL besorgt und ein wenig in der Liste gestöbert.

Im Jahr 2024 waren die häufigsten Indizierungsgründe (über alle Medienarten hinweg):

  • 364 Kinder-, Jugend-, Gewalt-, und Tierpornografie
  • 94 NS Gedankengut
  • 56 einfache Pornografie
  • 55 Gewalt

In meiner Ausgabe waren Stand Februar diesen Jahres 380 Schriftwerke auf der Liste. Wobei hier nicht nur Bücher, sondern auch Comics, Broschüren, Faltblätter, Flugblätter, Fanzines und E-Books gelistet sind. Das ist echt nicht so viel und schnell durchgeblättert. Da sind dann auch gleich mal zehn Ausgaben von Stimme des Reiches, einer rechtsextremen Zeitschrift, gelistet. Oder bestimmt zwanzig Mal irgendeine Der Reichsbote Neuauflage. Es gibt auch echt viele anstößige Comics auf der Liste. Mein Kampf darf natürlich auch nicht fehlen (das mittlerweile auch als Online Fassung über eine Internetseite frei zugänglich ist). Man findet in Summe also ziemlich viele low quality Nazi Pamphlete. Ein Buch von und für Salafisten sticht ins Auge und auch ein paar Bücher über Pädophilie. Einige der Bücher findet man recht schnell online zum lesen und ja, man kann verstehen, dass sie auf der Liste sind. In einem Buch wird ganz offen kolportiert, dass Sex mit Knaben doch eigentlich gar keine so schlechte Sache ist. Da wird einem beim Anlesen schon übel. Manche Bücher auf der Liste haben mich aber auch irgendwie zum Schmunzeln gebracht. So zum Beispiel Sindbad der Seeräuber von Konzelmann, ursprünglich 1995 im Ullstein Verlag für 19,90 DM erschienen. Dieses kleine Juwel der Literaturwelt gibt es wohl schon ab 2,90 Euros bei hiesigen Onlineantiquariaten und 2004 wurde es wohl dann indiziert. Der Bericht zur Entscheidung an sich ist schon unterhaltsam.
Das Buch gibt es noch immer online zu kaufen, wobei es von der ganzen Gestaltung her schon so ranzig aussieht, dass ich es nicht einmal für umsonst aus dem Bücherschrank mitnehmen würde. Ein anderes Buch auf der Liste handelt von den Rothschilds, ist aber auf Amazon Marketplace ohne Probleme zu bestellen. Ich vermute hier ist der Antisemitismus das Problem. Auch das Buch sieht schon sehr minderwertig aus, da gibt es sicherlich andere, genauso reißerische Bücher, die auf normalen Wege erhältlich sind.

In Summe muss ich aber sagen, dass ich an dem Ganzen schon irgendwie zweifle. Das macht doch keinen Sinn. Da sind 380 Schriftwerke auf der Liste, darauf könnte man doch auch verzichten. Ich will behaupten, auch die Liste mit den indizierten Videogames könnte man wahrscheinlich abschaffen, wenn man die freiwillige Selbstkontrolle durchgängig durchzieht. Auf der Liste sind noch immer Wolfenstein 3D, Quake 4 oder Unreal Tournament. Ich war ein bisschen enttäuscht kein Doom zu finden, aber nachdem das Spiel mittlerweile sogar auf einer Waschmaschine läuft, haben sie hier wohl aufgegeben. Aber okay, Spiele lass ich mir noch eingehen, aber die Bücher, das ist doch Käse. Da finde ich radikalere und jugendgefärdendere Inhalte im Netz nach einer kurzen Google-Suche. Und ich denke das ist genau das Thema: In Zeiten von Social Media, Internet, Darknet usw. macht das einfach keinen Sinn mehr irgendwelche Faltblätter oder Kleinstauflagen von Nazizeitschriften zu indizieren. Das ist doch weder wirtschaftlich noch sinnvoll. Kein Mensch würde solche minderwertigen Schriftstücke in einem Laden auslegen oder geschweige denn kaufen. Und wenn ich mir anschaue, was man alleine auf Social Media für Inhalte findet, macht es doppelt keinen Sinn. Auf X gibt es einen Account der Videos postet, wie Menschen zu Tode kommen. Ein Klick und man kann Menschen beim Sterben zuschauen, ohne Filter, ohne Altersverifikation. Ich würde auch sagen in Zeiten von TikTok Kurzvideos dürfte sogar Sindbad der Seefahrer zu schwer zugänglich sein, als dass sich ein Jugendlicher nun das durchliest, wenn er all die Szenen ohne Probleme mit zwei Klicks online nicht nur lesen sondern obendrein auch noch als Video ansehen kann.

Eines ist mir beim Studium der Liste aber klar geworden: Zensur betreibt das BzKJ hier ganz sicher nicht. Artikel 5 ist hier mehr als übererfüllt. Wer auf bundesanzeiger.de nach „Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz“ sucht, findet, was neu zur Liste hinzugefügt wurde. Da ist echt nicht viel dabei. Und wer sich ein wenig umschaut, der findet in Verlagen wie Kopp oder Antaios sehr kritische Bücher, die in einem Land mit Zensur eigentlich auch nicht auftauchen dürften. Man kann dazu stehen wie man möchte, aber dass diese Vielfalt an Meinungen möglich ist, das ist für eine Gesellschaft extrem wertvoll und wichtig. Und dass die neue Regierung plant die Meinungsfreiheit mit Gesetzen weiter einzuschränken, halte ich für sehr bedenklich und erschreckend. Ich hoffe, dass man an diesen unverzichtbaren wichtigen Werten weiterhin festhält und jeder in der Lage ist alles zu lesen und jede Meinung in einem Buch zu äußern. (Anders sieht es hingegen bei der freiwilligen Selbstzensur der Verlage aus.) In Summe ein für mich sehr positives Ergebnis, das hier der Staat wohl wirklich nicht unverhältnismäßig eingreift.

Wie sehr ihr das? Habt ihr das Gefühl, dass ihr euch mit aktueller Literatur ungehindert über alle Themen informieren könnt? Denkt ihr das an anderer Stelle zensiert wird? Ist Zensur ein Thema in Deutschland?

1 Kommentar

  1. Schönen guten Morgen!

    Mit diesem Thema hab ich mich, ehrlich gesagt, noch gar nicht beschäftigt bzw. auch überhaupt gar nicht nachgedacht… damit in Berührung gekommen bin ich nur ein einziges Mal, aber das ist schon viele Jahre her. Es ging um die beiden Bücher „Geheimgesellschaften“ von Jan van Helsing. Also die ersten beiden.
    Ich hab jetzt auch mal aus Neugier geschaut, die sind immer noch nicht erhältlich, der dritte Band allerdings schon ^^ Ich hab sie mir damals extra in Österreich bestellen müssen, weil sie bei uns auf dem Index waren.
    Allerdings weiß ich nicht warum. Verschwörungstheorien gibt es doch so viele? Vielleicht bin ich da zu naiv, oder kenne mich zu wenig aus?

    Aber Meinungsfreiheit wird ja hierzulande immer hochgelobt, aber so wirklich funktionieren tut das ja nicht.

    Das Pädophilie direkt aus dem Programm genommen wird sollte definitiv so sein, aber wenn ich oben bei deinen Punkten lese „Leichte Pornografie“ – was soll das sein? Bücher mit sexuellen Inhalten gibt es doch auch eine Menge?

    Vielen Dank für deine Nachforschungen und deinen Beitrag. Auf jeden Fall interessant! Ich selber lese ja so gut wie nur fiktionale Geschichten und da kommt eigentlich nie etwas vor, dass für dieses Thema relevant wäre.

    Liebste Grüße, Aleshanee

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