Jude Fawley, der Unbekannte • Thomas Hardy

Thomas Hardy ist ein Autor, auf den ich immer wieder gestoßen bin, der meine Aufmerksamkeit aber bisher nie so richtig gewinnen konnte. Zuletzt habe ich über ihn in meinem Literaturbuch gelesen, aber auch da habe ich eine Lektüre zugunsten meines hohen Stapels ungelesener Bücher verworfen. Als dann das Buch Jude Fawley, der Unbekannte in der Hanser Klassiker Vorschau aufgetaucht ist, ging es nicht anders. Die Reihe der schicken und hochwertigen Klassiker hat einfach zu viele hochkarätige und hervorragende Werke im Programm, wenn da ein Buch in den Fokus kommt und veröffentlicht wird, ist das zumeist die Lektüre wert. Also kam es ganz schnell auf die Liste und dann auf meinen Stapel.

Der Roman erzählt im auktorialen Erzählstil das Leben von Jude Fawley, einem Jungen vom Lande, der in einfachen Verhältnissen bei seiner Tante aufwächst und schon früh nach Bildung strebt. Er bringt sich selbst Latein und Griechisch bei und strebt danach in Christminster (Oxford) ein Studium aufzunehmen. Als Kind der Arbeiterschicht wird ihm aber der Zugang verwehrt und er wird Steinmetz und Kirchenrestaurator. Gleichzeitig berichtet der Roman von Judes bewegtem Liebesleben und seinem Kampf zwischen Glaube und Liebe, zwischen Leidenschaft und der Moral der Gesellschaft. Hintergrund ist dabei die britische Gesellschaft um die Jahrhundertwende und der Roman spielt in den ländlichen Regionen in Nord Wessex und in der Universitätsstadt Oxford.

Judes unerfülltes Streben nach Wissen konnte mich schon zu Beginn in seinen Bann ziehen und ich fand es spannend, über Judes erste selbständigen Schritte in seinem Leben zu lesen. Als dann aber seine Frauengeschichten in den Fokus gerückt sind, konnte mich das Buch so richtig fesseln. Es ist sehr spannend und unterhaltsam zu lesen, wie er nach Liebe strebt, wie seine Überzeugungen und seine Weltsicht immer wieder ins Wanken gerät und er sich dabei verändert. Für mich hat die Handlung immer wieder einen unerwarteten Verlauf genommen und immer wieder habe ich mich dabei ertappt, wie ich das Buch wieder in die Hand nehmen musste, um zu erfahren, was nun als nächstes passieren würde und wie die ganze Geschichte weitergehen würde. Der Unterhaltungswert ist auf jeden Fall sehr groß.

Im Verlauf der Lektüre wird klar, dass Thomas Hardy hier einige zentrale Themen in den Mittelpunkt rücken und von verschiedenen Seiten beleuchten will. So stellen seine Protagonisten die Institution der Ehe auf eine harte Probe und bewerten sie nach eigenen Maßstäben neu und führen ein für die damalige viktorianische Gesellschaft untragbare wilde Ehe. Sie stellen die bestehenden gesellschaftlichen und religiösen Ansichten in Frage und Hardy führt vor, mit welchen massiven Schwierigkeiten seine Figuren in den damaligen Gesellschaftsstrukturen konfrontiert waren. Es geht um die fehlende Bildungschancen der Arbeiterklasse, die religiösen Ansichten hinsichtlich Ehe und Scheidung, die Rolle der Frau und wie die Gesellschaft, und besonders die Arbeiterschicht mit Menschen umgeht, die nicht dem konservativen Weltbild entsprechend leben.

Insgesamt zeigt das Buch ein sehr pessimistisches Bild und zusammen mit der Kritik an der christlich geprägten Form der Ehe und der für damalige Verhältnisse doch recht lockeren sexuellen Andeutungen, sorgte der Roman bei seinem Erscheinen für einige Kontroverse, was soweit ging, dass Hardy sich von dem Schreiben von Romanen vollständig verabschiedete und sich fortan ausschließlich der Lyrik gewidmet hat. Aus heutiger Sicht hat die Geschichte natürlich keine aufregenden Elemente mehr und in Zeiten wo die „wilde Ehe“, Scheidung und Patchworkfamilien fester und normaler Teil der Gesellschaft sind, gibt es hier nun nichts Skandalöses oder Anstößiges. Gleichzeitig zeigt dieser Roman doch, wie sich die Moralvorstellungen gewandelt haben und was für ein weiter Weg es war, zu einem individuell freiheitlichen Weltbild zu kommen, wie es in unserer Region weitestgehend der Fall ist. Sehr kennzeichnend finde ich es auch, wie die Protagonisten gesellschaftlich ausgegrenzt werden. Betrachtet man alleine, wie die Menschen dieser Tage in Social Media miteinander umgehen, so zeigt sich, dass die Aufklärung in einigen Punkten vielleicht gefruchtet hat, ein Großteil der Gesellschaft an vielen anderen Stellen in den letzten 150 Jahren auf der Stelle tritt. Das Buch ist also alles andere als antiquiert und betrachtet man einige aktuelle politische Diskussionen, so merkt man, dass gerade die Art und Weise, wie die Gesellschaft in diesem Buch auf das ungewöhnliche Paar reagiert auch jetzt in anderen Belangen nicht anders agiert.

Vom Stil und der Sprache fühlt sich die Lektüre irgendwie kaum nach Klassiker an. Das liest sich alles sehr flüssig und leicht, was zusammen mit der Story und dem wechselhaften Treiben der Protagonisten zu einem sehr kurzweiligen Lesevergnügen führt. Ich hatte das Buch auf jeden Fall ziemlich schnell ausgelesen. Was mich dabei allerdings gestört hat, sind die künstlich wirkenden Situationen und die Glaubwürdigkeit der Geschichte. Ich hatte oft das Gefühl, dass der Verlauf sehr konstruiert ist und die Figuren eher dazu dienen, etwas zu demonstrieren und vielmehr ein Fallbeispiel sind, um daran moralische und gesellschaftliche Standpunkte zu erläutern. Der Herausgeber Alexander Pechmann erwähnt in seinem Nachwort, dass Hardy mit Schopenhauers Philosophie sympathisiert hat und in dem Buch diese sozusagen einem „Laborversuch“ unterzieht und „sie auf Tauglichkeit“ prüft (vgl. S. 624). Das erscheint mir durchaus plausibel, wobei die etwas künstlich wirkenden Dialoge und Reaktionen der Figuren sich doch an vielen Stellen nicht echt anfühlen. Das mag aber vielleicht auch daran liegen, dass Hardy eben ein britischer Autor ist, was natürlich auch gewisse Eigenschaften mit sich bringt. Es gibt Stellen, an denen die Figuren sehr vernünftig reflektieren. Bei einem französischen Autoren hätte bei der Gefühlslage mindestens einer dem anderen zu Füßen gelegen um dieselbigen mit seinen Tränen zu netzen. Anders gesprochen: Da ging der Punk ab während bei den Briten erstmal bei einer Tasse Tee mit einem nachdenklichen Blick ins Kaminfeuer über die Situation sinniert wird.

Thomas Hardy ist, wie schon erwähnt, ein britischer Autor, der von 1840 bis 1928 lebte und genauso wie sein Protagonist Jude Kirchenrestaurator in Wessex war. In dieser Region spielen auch seine Romane und scheinbar ist das Buch auch mit einigen autobiographischen Elementen versehen und so erinnert Jude ein wenig an Hardy selbst. Zumindest gibt auch hier das Nachwort einen Hinweis darauf, wobei aber Hardy selbst dies dementiert hat (vgl. S. 619)

Insgesamt habe ich die Geschichte zwar als fesselnd und unterhaltsam empfunden, das Schicksal der Figuren und die Liebesgeschichte konnten mich nicht so richtig abholen und ich habe nur mäßig mit ihnen gefühlt. Hardy verfällt nicht in Sentimentalitäten und behält doch immer eine gewisse Distanz zu seinen Figuren und legt es nicht darauf an, übermäßig Mitgefühl und Empathie zu wecken. Natürlich ist das dennoch in einem begrenzten Maße der Fall, aber eben nicht in der Tiefe, wie ich das von vielen anderen Werken kenne. Es gibt auch immer wieder komische Situationen bei denen man doch oft schmunzeln muss.

Die Ausgabe kommt wieder in der gewohnten Hanser Klassiker Qualität ums Eck: mit Fadenbindung, zwei Lesebändchen, hervorragender farblichen Abstimmung, geschmeidig dicken Schutzumschlag und natürlich auch wieder mit reichhaltigem Anhang. Da gibt es wie immer nichts zu meckern. Vom Herausgeber und Übersetzer Alexander Pechmann habe ich schon einige Bücher im Schrank stehen und da bekommt man hochwertige Qualität vom Feinsten, da macht man ganz sicher nichts falsch. Auch das Nachwort fand ich hervorragend und in überschaubaren Umfang erfährt man einige interessante Fakten. Das ist insgesamt wieder eine Runde Sache.

Fazit: Das Leben und die Liebesgeschichten von Jude Fawley ist eine spannende und fesselnde Geschichte, welche die damaligen religiösen und gesellschaftlichen Konventionen in Frage stellt und die Bildungschancen und die Institution der Ehe der damaligen Zeit stark kritisiert. Der angenehm lesbare Stil konnte mich zwar gut unterhalten, aber die Distanz zu den Figuren und die etwas künstlich konstruierte Geschichte konnten mich nicht vollends überzeugen. Mit den Anmerkungen, der hervorragenden Übersetzung von Alexander Pechmann und in der schönen Ausgabe ist das Buch dennoch eine Empfehlung. Eine lesenswerte Lektüre ist das Buch auf jeden Fall.

Buchinformation: Jude Fawley, der Unbekannte • Thomas Hardy • Hanser Verlag • 640 Seiten • ISBN 9783446258280

8 Kommentare

  1. ,,Da ging der Punk ab während bei den Briten erstmal bei einer Tasse Tee mit einem nachdenklichen Blick ins Kaminfeuer über die Situation sinniert wird.“
    Das trifft den Nagel auf den Kopf! Ich musste sofort an die letzten britischen und französischen Bücher denken, die ich gelesen habe – Jane Eyre und Madame Bovary – und kann nur zustimmen. Von Thomas Hardy habe ich bislang noch gar nichts gelesen; aber der Autor ist seit ein paar Jahren ja auch in der Popkultur angekommen und die Ausgabe, die du vorstellst, sieht wirklich rundum gelungen aus. Hardy kommt auf die Liste!
    Viele Grüße
    Jana

  2. Lieber Tobi,
    gerne möchte ich Deine Leseaufmerksamkeit auf einen außergewöhnlichen Klassiker hinlenken, dessen literatur-revolutionäre Kraft und Inspiration legendär ist und der seinerzeit ebenso wie der von Dir besprochene Thomas Hardy diverse Konventionen überschritten hat:
    „Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman“ von Laurence Sterne ist ein famos-vergnügliches, geistreich-irrlichterndes, amouröses Meisterwerk, in welchem sich kultivierter Stil und sprachspielerische Lust vorzüglich paaren und amüsante Kurzweil zeugen.

    Laurence Sternes Roman ist kurios, lustig und nachdenklich, insbesondere ist er jedoch ungewöhnlich freidenkerisch. Er überschreitet gekonnt, galant-pikant und heiter-freizügig die üblichen Grenzen geschriebener Prosa. Selbstironische Fußnoten, eine gänzlich schwarzeingefärbte Buchseite als Ausdruck von Trauer, ein Kapitel über Kapitel, unbeschriebene Seiten, lateinische, altgriechische, echte sowie erfundene Zitate, Kreuz- und Querverweise, verheißungsvolle Vorankündigungen und erklärende Nachreichungen, Reflexionen auf Reflexionen, ein Alphabet der Liebe – literarische Experimentierfreude und übermütige Verspieltheit, wo man hinliest.

    „Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman“ ist ein Lesestoff, der nach konzentrierter Aufmerksamkeit verlangt; die verzweigungsreiche, assoziative Erzähl-weise, die Satzbaulabyrinthe mit ihrer eigenwilligen rhythmischen Satzzeichenpartitur, die possierliche Detailkrämerei, die umständlichen Wortgefechte, die unzähligen Neben-sachen, die sich dramatisch auf die Hauptfiguren auswirken usw., wollen ja im Geiste des Lesers in memorabler Balance gehalten werden.

    Anläßlich des 250. Todestages von Laurence Sterne bringt der Verlag Galiani Berlin in edel-bibliophiler Ausstattung die erste deutsche Werkausgabe zum Preis von 98 € (D) auf den Buchmarkt, die Deiner Lesevorliebe für hochwertige Buchgestaltung und sorgfältige Editionsgepflogenheiten entgegenkommt.

    Unter nachfolgendem Link findest Du meine Rezension sowie detaillierte, weiterführende Informationen:
    https://leselebenszeichen.wordpress.com/2018/03/18/leben-und-ansichten-von-tristram-shandy-gentleman-buchausgabe/

    Mit verbindlicher Empfehlung
    Ulrike von Leselebenszeichen

    PS:
    Ein Hauptcharakter aus „Tristram Shandy“ ist übrigens ein Namensvetter von Dir – der verspielt-verliebte „Onkel Toby“… 😉

    1. Liebe Ulrike,

      herzlichen Dank für die Empfehlung. Also das Buch hört sich wirklich sehr interessant an. Es gibt ja immer wieder hervorragende Bücher aus dem 18. Jahrhundert, aber insgesamt habe ich da noch zu wenig aus dieser Zeit gelesen. Es kommt auf jeden Fall auf meine Liste. Momentan komme ich mit meinem SuB ganz gut voran 😉 Die Ausgabe ist ja auch wieder echt bibliophil. Den Verlag kenne ich noch gar nicht, da muss ich gleich mal genauer schauen.

      Liebe Grüße und nochmal herzlichen Dank, du weißt ich bin ja immer auf der Suche nach schmucken Ausgaben. Und auf diese wäre ich nicht so schnell gestoßen. Ein echter Geheimtipp.
      Tobi

      1. Lieber Tobi,

        es freut mich, daß Du meinem Hinweis zugeneigt bist. Gerne lasse ich Dich wissen, wenn mir weitere besondere, inhaltliche und buchgestalterische Perlen begegnen.

        Der Verlag Galiani hatte ursprünglich eine limitierte Ausgabe von nur 1000 Stück geplant, aber dann war die Nachfrage so groß, daß sie von einer Limitierung absahen und nun ist schon die zweite Auflage unterwegs. Das finde ich erfreulich und vermittelt mir die Hoffnung, daß auch in Zukunft noch anspruchsvolle Bücher ihre Leseliebhaber finden.

        Bibliophile Grüße von
        Ulrike

  3. Lieber Tobi,

    ich sammle derzeit die Hanser Klassiker in Neuübersetzung und freue mich daher über das von dir rezensierte Buch.

    Ich habe noch eine Frage zu der Qualität der Buchreihe.
    Die Bücher der Klassiker Reihe in Neuübersetzung wurden früher durch die Firma Friedrich Pustet, Regensburg hergestellt. Seit einiger Zeit werden die Bücher der Reihe durch die international tätige Firma CPI books GmbH, Leck hergestellt.

    Ich habe die neuen Bücher in dem Buchladen Wenner, Osnabrück gesehen. Ich meine, dass die Bücher seit der Umstellung eine andere Qualität aufweisen. Zum einen ist das Papier noch dünner geworden, wobei ich mal dahingestellt sein lasse, ob hierdurch die Qualität tatsächlich abgenommen hat (auch bei den früheren Büchern konnte man das gedruckte Wort auf der Rückseite erkennen und so dünn, wie bei den Dünndruck-Büchern der Firma Artemis & Winkler sind die Hanser Bücher noch lange nicht). Was mich jedoch aktuell verwundert, ist, dass die Bücher jetzt häufiger im Bereich des Vorderschnitts und/oder des Oberschnitts unsauber geschnitten sind.

    Dies fiel mir zuerst bei dem Buch Auferstehung von Lew Tolstoi auf, bei dem etliche Exemplare Papierreste im Bereich des Vorderschnitts und/oder des Oberschnitts aufwiesen. Dies war nicht nur bei den Exemplaren im Buchladen Wenner, sondern auch bei anderen Buchläden der Fall. Meines Erachtens deutet dies auf ein unscharfes Messer im Bereich der Papierproduktion hin. Ich war daher gespannt auf das aktuell erscheinende Hanser Buch von Thomas Hardy. Dieses lag jetzt wieder in mehreren Exemplaren bei Bücher Wenner vor und hierbei waren wieder mehrere Bücher im Bereich des Vorder- und/oder des Oberschnitts unsauber geschnitten.

    Du hast ja jetzt mehrere Hanser Bücher vorgestellt. Hast du Ähnliches beobachtet?

    Da ich meine Bücher nicht aus großen Buchläden beziehe (ich war nur zu Besuch in Osnabrück und schaue wegen der Klassiker-Abteilung dann bei Bücher Wenner vorbei), sondern einzeln über den Buchhandel bestelle, wäre es natürlich wünschenswert, wenn die Bücher gleichmäßig eine hohe Qualität aufweisen und nur im Einzelfall Grund zu Beanstandungen geben würden.

    Ich habe auch der Firma Hanser eine EMail zukommen lassen. Die Firma Hanser hat bisher nicht geantwortet.
    Ich hoffe, dass die Firma Hanser nicht wegen eines geringen Mehrpreises je Buch auf eine günstigere Druckfirma ausgewichen ist, nur um den Preis der Hanser Klassiker Neuübersetzungen Reihe zu halten. Dann würde ich lieber einen etwas höheren Preis je Buch ausgeben.

    Viele Grüße
    Jörg

    1. Lieber Jörg,

      eine interessante Beobachtung, die ich allerdings nicht bestätigen kann. Als Vergleich habe ich allerdings nur meine einzelnen Bücher, denn ich bestelle meine Bücher ausschließlich online. Die habe ich gleich aus dem Regal genommen und nochmal genauer untersucht und kann keine Qualitätsunterschiede bei den verschiedenen Ausgaben feststellen. Der Buchschnitt ist bei allen Büchern sauber und ordentlich. CPI scheint ja schon länger den Buchdruck für Hanser zu machen. Oblomow erschien 2012 und wurde ebenfalls bereits von CPI gedruckt. Oder Verlorene Illusionen.

      Bei Auferstehung hatte ich den Effekt, dass einige Seiten beim Umblättern am oberen Schnitt etwas aneinander haften. Das würde Deine Theorie von stumpfen Messern vielleicht bestätigen. Nach einmal umblättern ist das aber behoben und ich mag das eigentlich ganz gerne. Das hat etwas von Neu und Druckfrisch. Den gleichen Effekt habe ich auch bei den Büchern meiner 50 Jahre alten Balzac Gesamtausgabe. Dort erst ab dem zweiten Band. Scheinbar sind die alle ungelesen und lediglich der erste Band wurde einmal zur Hand genommen.

      Bei Jude Fawley konnte ich nichts dergleichen feststellen. Das Buch ist ordentlich verarbeitet und alles passt. Was die Dicke der Seiten angeht, variiert die ja ohnehin von Titel zu Titel. Verglichen mit den Artemis & Winkler Bücher sind sie manchmal identisch, manchmal aber auch dicker. Ich frage mich ja immer, welche Auswirkungen das auf die Haltbarkeit hat. Wenn ich mir aber die Artemis & Winkler Bücher anschaue, dann macht das offensichtlich keinen Unterschied.

      Aber die Beobachtungen sprechen für dich Jörg, man muss schon eine bibliophile Ader wie wir haben, um solche Unterschiede wahrzunehmen. Ich achte auch immer auf solche Details. Wobei ich aber nicht glaube, dass hier der Hanser Verlag versucht Produktionskosten zu sparen. Die Bücher muten ja ohnehin künstlich teuer an und ich vermute die Spanne ist da recht groß.

      Liebe Grüße
      Tobi

      1. Hallo Tobi,

        ich habe derzeit viel zu tun. Darum kam ich nicht dazu, mich hier zu melden. Ich möchte den Ausgang der ganzen Sache doch noch kurz mitteilen.

        Nachdem ich hier meinen Beitrag eingestellt habe, hat sich der Hanser Verlag per EMail gemeldet. Die Mitarbeiterin dort hat mich zunächst falsch verstanden. Sie war der Auffassung, ich würde die Treppung durch die Fadenheftung meinen. Ich habe ein paar Fotos von dem betroffenen Buch gemacht und diese übersandt.

        Nach Abklärung durch die Druckerei CPI, teilte die Druckerei folgendes mit:

        „Die Fotos des Buches beinhalten Papierschnipsel die beim Trennen der Buchblochblocks (von Doppelnutzen auf Einzelnutzen) an der Trennsäge entstehen. Dies ist leider zu einem gewissen Teil unvermeidbar; der Großteil dieser Schnipsel wird mit Druckluft aus den Buchblocks geblasen.“ (P.S.: Die Schnipsel lagen bei mir zwischen den Seiten, das Papier ist an diesen Stellen ein bischen eingedrückt und der Oberschnitt sah an dieser Stelle unsauber aus).

        Der Hanser Verlag meinte, damit würde zwar die Ursache feststehen, nicht jedoch die Tatsache, dass das so stark aufgetreten ist.

        Ich vermute, dass irgendetwas in der Produktion nicht ordnungsgemäß gelaufen ist (Die Trennsäge arbeitet nicht ganz sauber; die neuen Trennsägen arbeiten immer schneller und es gibt aufgrund der Geschwindigkeit mittlerweile Probleme beim Schneiden von Dünndruckpapier; das Ausblasen wurde vergessen o.ä.). Der Hanser Verlag meinte, dass dies wohl ein Einzelfall gewesen ist, sonst hätten sie weitere Reklamationen bekommen. Der Hanser Verlag hat jedenfalls die Druckerei erneut angeschrieben und um eine saubere Herstellung gebeten. Ich bin in diesen Sachen nur Leser – kein Experte in der Buchherstellung. Ich hoffe, dass dies damit sein Bewenden hat und die nächsten, neuen Dünndruckbücher des Hanser Verlags wieder die gewohnte Qualität aufweisen.

        P.S.:

        Abschließend habe ich noch die Info erhalten, dass sämtliche Bücher der Hanser Klassiker Neuübersetzungen bei CPI hergestellt werden. Nur die Bücher Billy Bud, Die Schattenlinie und Moby-Dick werden bei Pustet hergestellt.

        Liebe Grüße
        Jörg

        1. Lieber Jörg,

          na das hört sich tatsächlich nach einem Einzelfall an. Wobei das bei solchen Prunkbüchern natürlich ärgerlich ist, denn das ist ja schon an den bibliophilen Leser gerichtet und nicht gerade low budget. Nächsten Monat erscheint ja wieder ein neuer Klassiker in der Reihe. Aber wie schon geschrieben, habe ich bisher keine negativen Beobachtungen gemacht. Ich drück die Daumen, dass es bei dir künftig auch so ist.

          Herzlichen Dank auf jeden Fall für den Beitrag und die Erklärung, das ist ja ein ganz interessanter Einblick in die Produktion und welche Probleme es da geben kann.

          Liebe Grüße
          Tobi

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