Liebe in der Nacht: und andere Lovestorys • F. Scott Fitzgerald

Dieses Buch habe ich auf Karins Blog entdeckt und nachdem ich so richtig Lust auf Geschichten aus den 20ern hatte und dieses kleine Büchlein wirklich sehr hübsch ist, konnte ich nicht widerstehen. Von Fitzgerald habe ich den großen Gatsby gelesen, mein Eindruck davon war allerdings damals eher durchwachsen. Um so überraschter war ich dann von dieser wunderbaren Sammlung von kurzen Erzählungen, die bei mir voll ins Schwarze getroffen hat.

Liebe in der Nacht enthält sieben Liebesgeschichten, welche als kurze Erzählungen angelegt sind und in den 1920ern geschrieben wurden. Die letzten beiden Geschichten sind, dem Nachweis im Anhang nach, 1931 und 1940 entstanden. Es fällt also nicht schwer, sich in das Amerika der Nachkriegszeit und der goldenen 20ern hinein zu versetzen, denn Fitzgerald hat genau dies als Hintergrund gewählt. Und tatsächlich verströmen die Erzählungen in diesem Buch genau diese Stimmung. Ich mag die Zeit und Romane der Lost Generation einfach gerne und liebe es in diese ausgelassene Zeit abzutauchen, die gefühlt nur von Partys und Liebesgeschichten geprägt war.

Die Erzählungen in diesem Büchlein haben mich sehr schnell in ihren Bann gezogen und ich habe in den letzten Monaten eigentlich nichts so Leichtes, Angenehmes und gleichzeitig so Unterhaltsames gelesen, wie diese wunderbaren Novellen. Dabei ist das Buch sehr stimmig zusammengestellt, denn alle Geschichten handeln natürlich von Liebe, davon wie sich Menschen begegnen, verlieben, zueinander finden, oder auch genau das Gegenteil feststellen, dass sie nicht füreinander geschaffen sind. Fitzgerald schafft es eine ganz leichte und träumerische Stimmung heraufzubeschwören und oft sind seine Protagonisten sehr jung und stehen unter dem Zauber der ersten Liebe. Wenig packt einen Leser so, wie diese unvoreingenommene erste Liebe, die stürmisch ist, oder auch ganz zart, aber immer ohne Vorbehalte, voll mit dem Geist der unendlichen Möglichkeiten der Jugend. Die Figuren sind oft unsicher, unstet, noch auf der Suche nach dem eigenen Ich und entsprechend unberechenbar präsentieren sich ihr Leben und ihre Entscheidungen.

Dabei hat Fitzgerald ganz unterschiedliche Begegnungen und Charaktere porträtiert und immer haben seine Geschichten eine schöne Pointe. Manchmal schafft er es den Leser zu überraschen und oft bringt er ihn mit einem subtilen Witz zum Schmunzeln. Hier zeigt sich eine feinfühlige Kreativität, die ich sehr genossen habe. Seine Figuren habe ich als reale Menschen empfunden und mit wenigen und flüssig lesbaren Zeilen schafft er es sie klar vor dem geistigen Auge heraufzubeschwören. Die Szenen hatten alle etwas Filmisches und die Dialoge sind durchweg gelungen. Wie eben ein richtig guter Film, nur besser weil es ein Buch ist. Ich bin mit den Protagonisten auf den Yachten in der lauen Sommernacht an Deck gelegen, habe die hoffnungslose Verliebtheit und auch die Freude und Enttäuschung gefühlt.

Optisch ist das Buch richtig schön. Mir gefällt dieses Muster, das an die 20er Jahre erinnert. Der Leineneinband mit dem blau und der goldenen Prägung ist einfach richtig schön anzusehen. Auch das Lesebändchen passt sehr gut. Die fehlende Fadenbindung ist da ein echter Wermutstropfen. Insgesamt ist dem Diogenes Verlag hier aber ein richtiges kleines Schmuckstück gelungen.

Fazit: Die sieben Erzählungen haben mir sehr gut gefallen und waren viel zu schnell wieder vorbei. Die Liebesgeschichten lesen sich sehr flüssig und mit wenigen Worten schafft es Fitzgerald sehr stimmungsvolle Bilder heraufzubeschwören. Von der ersten Liebe, lauen Sommernächten, von hoffnungsloser Verliebtheit, von der Jugend und immer auch mit einer Brise Witz. Mal mit Happy End, mal voller Tragik. Die perfekte Unterhaltung, wunderbar für den Strandkorb geeignet und ein sehr gelungenes Gesamtpaket, auch hinsichtlich seiner optischen Qualitäten. Ein tolles Buch, das ich ohne Einschränkungen empfehlen kann und Fitzgerald bei mir wieder in die erste Reihe katapultiert hat.

Buchinformation: Liebe in der Nacht: und andere Lovestorys • F. Scott Fitzgerald • Diogenes Verlag • 256 Seiten • ISBN 9783257069518

8 Kommentare

  1. Ein schöne Rezension. Die Bilder – vor allem im Zusammenwirken mit dem Plattenspieler – geben schon eine gute Stimmung wieder. Das Buch klingt auf jeden Fall sehr interessant und wird von mir jetzt mal beobachtet. Denn hin und wieder ist es doch sehr schön, in alte Zeiten abzutauchen und sich von poetischen Worten berieseln zu lassen. Außerdem sind Kurzgeschichten immer sehr erfrischend, wenn man mal in Etappen genießen will. 🙂

    Viele Grüße
    Doreen

    1. Liebe Doreen,

      das ist mein schönes Koffergrammophon, das passt also noch besser zum Buch als ein Plattenspieler 😉 Also wenn du noch zögerst, dann kann ich Dir nur empfehlen zuzuschlagen, das Buch ist wirklich wunderbar. Im Schrank steht nun auch „Für dich würde ich sterben“ von Fitzgerald. Das hab ich aber noch nicht gelesen, mal sehen ob das auch so gut ist.

      Liebe Grüße
      Tobi

      1. Hallo Tobi,

        entschuldige bitte die simple Bezeichnung des Plattenspielers. Das Grammophon passt natürlich viel besser zum Buch. 🙂
        Ich überlege es mir und wünsche dir dann viel Vergnügen mit den Erzählungen von „Für dich würde ich sterben“. Hört sich vom Inhalt her interessant an.

        Gruß
        Doreen

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